Ein Lob den Wissenschaften - Cambridge I
Blick vom Turm von St.
Mary´s auf die Stadt und einige der Colleges
Auch wenn Wissenschaft,
zumindest so wir sie in westlich geprägten
Zusammenhängen verstehen und vor allem definieren,
nichts mit Spiritualität zu tun hat (es sei denn, sie
behandelt sie als Forschungsobjekt), so hat mich der
Besuch dieser „heiligen Hallen“ der Wissenschaften
doch auf einer ganz irrationalen Ebene berührt. Und
mir damit - das sei by the way mal wieder erwähnt -
nochmals gezeigt, dass wir Menschen Rationalität und
Spiritualität, Emotion und Irrationalität nicht
voneinander zu trennen imstande sind. Und nicht
trennen sollten ...
Nun, die meisten der großen Geister, die in Cambridge
wirkten, würden dem letzten Satz wohl widersprechen,
ist Cambridge doch in erster Linie für seine
Naturwissenschaftler bekannt. On second thought
jedoch ... Vielleicht würden sie es doch gar nicht so
eindeutig ablehnen, denn es ist ja so, dass die
meisten klugen Forscherinnen und Forscher anerkennen,
dass sich mit Rationalität allein nicht alles
erklären lässt, und dass weitere Erkenntnisweisen,
auch wenn sie subjektiv sind, einen objektiven Wert
besitzen.
Auf jeden Fall befand ich mich nun am Samstag mitten
in Cambridge, umgeben von Colleges, die weit mehr
Nobelpreisträger hervorgebracht haben, als alle
deutschen Universitäten zusammengenommen: King´s College, Trinity College, St. John´s ... 800 Jahre
Wissenschaftstradition. Hinter größtenteils
beeindruckenden Mauern wurde die Welt vielfach
verändert, und dies öfter zum Guten, denn zum
Schlechten, was mehr ist, als man von den meisten
geschichtsträchtigen Orten dieser Welt sagen kann.
Beeindruckend! So stehe ich in Front des Trinity
College plötzlich vor einem direkten Abkömmling des
Apfelbaumes, der damals jene Frucht fallen ließ, die
Newton darauf brachte, die Gravitationstheorie zu
formulieren. Dies von Frens Kröger, Margarets Freund,
erklärt zu bekommen, löst ein intensives Gefühl des
Berührtseins aus.
Im Winter ohne Blatt und Frucht ...
Und es berührt mich
positiv, fast inspirierend, auch wenn mir im gleichen
Moment einfällt, dass Newton wegen dieser und anderer
Entdeckungen beschimpft wird, den Regenbogen seines
Zaubers entkleidet und die Welt ernüchtert und
entspiritualisiert zu haben:
„Do not all charms fly
At the mere touch of cold philosophy?
There was an awful rainbow once in heaven:
We know her woof, her texture; she is given
In the dull catalogue of common things.“
(Keats, Lamia, Zeilen 229 - 233; unter
„philosophy“ verstand man damals hauptsächlich die
Naturwissenschaften)
Was für ein Zufall, dass ich hier bin, um am Montag
in meinem Vortrag zu erklären, wie Fantasy die Welt
zu respiritualisieren vermag.
Was aber ist richtig davon? Haben Newton, Kopernikus,
Kepler und Konsorten (Kopernikus und Kepler
allerdings nicht hier in Cambridge) die Welt
nüchterner und ärmer gemacht? Können Fantasy, Sagen,
Mythen unsere Welt wieder anreichern? Und wenn sie
das können, muss man auf die Rationalisten und ihre
Modelle verzichten, um angereichert zu bleiben?
Hmm, ganz ungeordnet gedacht, kommt mir in den Sinn
zu sagen, dass Newton und Kollegen es doch gar nicht
bewirkt haben, die Welt zu ernüchtern - so what´s the
bother? Sie haben es natürlich auch gar nicht
gewollt, aber sie haben in Sachen Ernüchterung auch
gar nicht mehr verursacht, als Wissensgrenzen zu
erweitern. Hinter diesen Grenzen sind die Rätsel
genauso groß wie vorher und bieten weiterhin alle
durch Denken und Fühlen erreichbaren
Zugangsmöglichkeiten. Was sie erreicht haben, ist,
eine Reihe von Ausdrucksformen des Aberglaubens ad
absurdum zu führen, aber das ist nur begrüßenswert.
Können Mythen und ähnliche Gedanken also die Welt
wieder ,anreichern‘? Natürlich! Bis auf das „wieder“,
denn es ist keine Wieder-Anreicherung - die Welt und
die Gedankenwelten waren immer schon von
ununterdrückbarem Reichtum. Was der Mythos wieder tun
kann und wieder tut, ist, uns Menschen immer wieder
daran zu erinnern, dass die Welt größer ist, als
Mikro- und Teleskop sie anzuzeigen vermögen und dass
unsere Innenwelten an dieser Größe teilhaben können
und teilhaben sollten; neben all der Tageshektik und
dem Streben nach materiellem Erfolg und Sicherheit.
Dons and Graduates
...
Muss man sich aber dann
nicht wenigstens entscheiden, welchen Zugang zum Sein
man wählt, weil beide exklusiv sind? Das ist die
schwierigste Frage ... Ich versuche beides, denn
Ratio und Emotion zeigen mir, dass jede Seite allein
defizient ist. Beide helfen mir nur nicht besonders
dabei, zu einem modus convivendi zu kommen. Ich werde
aber dranbleiben.
Die Cambridge-Gedanken werden bald fortgesetzt ...
dann geht´s um die Biologen.
Metaphysics in Tolkien
Peterborough Regional
College, on a very dark and cloudy day ...
I was expected to tell
people with little or no knowledge of Tolkien and of
philosophy something about the metaphysics that can
be traced in Tolkien´s work. So I decided to give an
abbreviated version of my article on
Mythopoeia, enriched with some remarks on
Tolkien in general. Please
feel invited to read this introductory
reproduction of my lecture if you also are not
that familiar with Mythopoeia.
If you like it, have a look at the whole article or,
even better, get this book from
Walking Tree Publishers.
Fremdgebloggt: Was sind die Freiheitsredner? ...
„Erinnert sich noch jemand an die große Volkszählung in den Achtziger Jahren? Als dieser Zensus für monatelange Proteste in der großen medialen Öffentlichkeit ebenso wie in der kleinen Öffentlichkeit der Vereine, Stammtische und im Freundeskreis sorgte? Aus heutiger Sicht mutet geradezu läppisch an, was der Staat damals wissen wollte, wenn man es mit den Daten vergleicht, die jede Bürgerin und jeder Bürger im digitalen Zeitalter hinterlässt oder gar bereitwillig und möglichst öffentlichkeitswirksam über Social Networking Sites hinausposaunt.“ (weiter ...)
Zu Darwins Geburtstag
„Darwin?“
Es gibt ein paar solcher
Menschen - Kant, an dessen Denksystem sich alle
ernsthafte Ethik messen lassen muss, Freud und
Kopernikus, die dem Menschen neben Darwin seine
anderen beiden ‚schweren Kränkungen‘ zufügten (davon
gleich mehr), und vielleicht noch zwei, drei andere -
deren Gedanken und Erkenntnisse der Evolution der
Menschheit entscheidende Schübe oder Wendungen gaben.
Und mit dem Wort Evolution sind wir auch schon bei
Darwins Verdienst, denn er beschrieb und bewies
erstmals die grundlegenden Prinzipien der Evolution.
Sicher war 1859, als die erste Auflage der Origin
of Species erschien, die Zeit irgendwie auch
reif für die Entdeckung der Evolution. Wäre es nicht
Darwin gewesen, so hätte wahrscheinlich Alfred
Russell Wallace innerhalb von zehn Jahren eine ganz
ähnliche Publikation herausgebracht. Aber es war eben
Darwin, der uns die Evolution erklärte.
Und wie er das tat! Lesen Sie einmal die
Origin und Sie werden sehen, dass Darwin
auch ein begnadeter Schriftsteller war. Kein Wunder,
dass dies Buch überzeugte ... wer weiß, welchen
Eindruck ein weniger versierter Schreiber gemacht
hätte? Zunächst war es aber natürlich sein über mehr
als zwanzig Jahre bedächtig zusammengetragenes
Theoriegebäude, das die wissenschaftliche Welt fast
mit einem Schlag überzeugte. Andere Forscher hätten
vielleicht mehr Anläufe gebraucht, wenn sie
unbedachter als Darwin vorgeprescht wären.
Auch Darwin war, wie man in dem exzellenten Buch von Jürgen
Neffe jetzt wieder einmal nachlesen kann,
schon auf seiner Weltumseglung klar geworden, wie
Evolution im Prinzip funktioniert. Doch wog er
mehr als zwanzig Jahre lang ab und sammelte
Mosaikstückchen um Mosaikstückchen für eine
lückenlose Argumentationskette. Manches, was ihm
die Beweisführung erleichtert hätte - die gesamte
Genetik beispielsweise -, konnte Darwin nicht
kennen, anderes scheint ihm entgangen zu sein - J.
Gregor Mendel und dessen Vererbungslehre etwa -;
dass er trotzdem so schlüssig argumentieren konnte
ist da nur umso beachtenswerter.
Und heute kann die Evolutionstheorie, in ihrer durch
vor allem Ernst Mayr und Julian Huxley
zusammengestellten Form der Synthetischen
Evolutionstheorie, als die am besten
nachgewiesene Annahme der Naturwissenschaften gelten.
Die Evolutionstheorie ist schon seit vielen Jahren
keine Theorie, sie ist eine Beschreibung des
Faktischen.
(Dem obigen Absatz müsste ich jetzt eigentlich eine
genau Erläuterung folgen lassen. Dann säßen Sie aber
noch in drei Stunden hier vor dem Computer oder
würden, worauf es mir heute ankommt, gar nicht mehr
lesen. Wenn Sie sich über den Wert der
Evolutionstheorie informieren wollen, so können Sie
das als ersten Einstieg schon einmal gut bei Wikipedia tun. Oder Sie warten
bis Oktober, dann wird ein Buch von Friedhelm Schneidewind und mir
im Oldib-Verlag erscheinen, dass
sich mit Evolutionstheorie und ihren Kritikern und
besonders der Irrlehre des Intelligent Design
beschäftigt - einfach den RSS-Feed abonnieren und
Sie lesen hier sofort,wenn das Buch da ist.)
An der Faktizität schon der großen Mehrheit der
frühen darwinschen Erkenntnisse ändern auch die
Erweiterungen und kleineren Modifkationen nichts.
Insbesondere in der Genetik werden zwar ständig neue
Entdeckungen gemacht, auch was die einst als völlig
beherrschende Rolle der Genetik angeht, die heute
sehr viel differenzierter gesehen und als
‚unwichtiger‘ für das Evolutionsgeschehen angesehen
wird (Stichwort: Epigenetik). Aber Darwin sprach ja
auch nicht von Genetik, sondern wies das
Evolutionsgeschehen nach, das wirklich passiert und
nur noch nicht in den kleinsten Einzelheiten
verstanden worden ist.
Dass es die Evolution aber gibt, war und ist für
viele Menschen ein Problem, das für sie so groß
werden kann, dass sie nicht in der Lage sind, die
Evolution anzuerkennen. Evolution ist in den meisten
Formen der Kritiker eine Kränkung des Menschen wie
auch Gottes. Wir Menschen sind nun einmal etwas
Besonderes, heißt es dann, etwas, das so nicht noch
einmal vorkommt - das kann und darf doch nicht aus
dem Tier entstanden sein. Wobei das Problem nicht das
„kann nicht“ ist, sondern das „darf nicht“. Warum
eigentlich darf es nicht?
Weil es die Sonderstellung des Menschen angreift.
Einst war ja unsere ganze Welt etwas ganz Besonderes,
denn das ptolemäische Weltbild stellte sie in den
Mittelpunkt alles Seienden, die Erde war der
Mittelpunkt des Kosmos. Und Menschen beherrschten
diesen Mittelpunkt, hatten ja auch den Auftrag dazu:
„Macht Euch die Erde [um die sich alles dreht]
untertan!“. Doch dann kamen ein paar Naseweise mit
den Namen Kepler, Brahe, Galilei und besonders
Kopernikus und wiesen nach - nee, is´ nich´. Die Erde
ist nur eine von vielen Kugeln im Universum. Das war
die erste große Kränkung, der Mensch stand nicht mehr
als Herrscher im Zentrum des Kosmos.
Galapagos-Archipel
Und dann kam Darwin und erklärte uns zu
Zufallsprodukten tierischer Herkunft - die zweite
große Kränkung. (Ich weiß, in der Origin
steht nur ein einziger - zurückhaltender! - Satz über
den Menschen; aber natürlich war jedem Leser klar,
was die Entwicklung der höheren Tiere, insbesondere
der Affen, aus einem gemeinsamen Ursprung für den
Menschen bedeutete.)
(Die dritte Kränkung durch Freud bestand dann -
soviel nur der Vollständigkeit halber - darin, uns zu
beweisen, dass wir nicht einmal Herr im eigenen
Oberstübchen sind, sondern von unkontrollierbaren
Affekten und anderen Einflüssen herumgeschubst
werden.)
Gegen Ende des Neunzehnten Jahrhunderts war aus dem
einstigen ‚Master of the Universe Mensch‘ ein recht
insignifikantes Häufchen Elend geworden. Etwas
einflussreicher als die ja auch nicht unverwandte
Küchenschabe zwar, aber dies nur auf einem
unbedeutenden kleinen Sandkorn im All (und im
Anschluss an Freud kann die Küchenschabe zumindest
noch als zielstrebiger denn der Mensch angesehen
werden).
Der einzige, der uns daraus noch erretten kann, ist
Gott. Und zwar dann, wenn Er uns absichtsvoll
erschaffen und mit einer Aufgabe versehen hat.
Deshalb darf der Mensch nach Ansicht der
Tiefgekränkten nicht einfach ein mit der Schabe
verwandtes Zufallsprodukt sein, sondern muss von
Anfang an eine Sonderrolle einnehmen - am besten,
indem er am siebten Tag, als Krönung der Schöpfung
und unbefleckt vom restlichen tierischen Morast, das
Licht der Welt erblickte.
Dass die Evolutionstheorie eine alternative Erklärung
zu dieser Ausformung des Schöpfungsgedankens
anbietet, ist, was sie für viele so besonders
inakzeptabel macht. Mit Kopernikus haben wir schnell
problemlos leben gelernt, zumal noch immer keine um
Gottes Gunst rivalisierende Aliens hier aufgetaucht
sind. Freud, naja, Gott hat uns eben imperfekt
geschaffen und das soll halt unsere Prüfung sein (und
außerdem wurde der olle Freiberger in ganz vielen
Aspekten schon widerlegt). Aber Darwin? Darwin ist
viel „gefährlicher“ (wie völlig
zurecht Daniel Dennett sagt).
Aber warum ist das so? Was ist denn so schlimm daran,
dass wir evolutionär entstanden sind? In welcher
Weise setzt uns das denn herab? Warum sollte Gott
nicht diesen Weg gewählt haben? Und warum - wenn es
denn unbedingt sein muss - sollten wir nicht trotzdem
„Krone“ der Schöpfung sein? Ist doch egal, auf
welchem Wege wir bewerkstelligt wurden, wenn wir denn
bewerkstelligt wurden.
Die Evolutionstheorie Darwins und aller nachfolgenden
Forscher - das kann man gar nicht oft genug sagen -
richtet sich in keiner Weise gegen den Glauben. Sie
ist völlig kompatibel mit dem Glauben. Nichts spricht
dagegen, dass Gott das alles in Gang gesetzt hat. Es
ist eben eine Glaubensfrage. Und ja - die Theorie
erlaubt in der Tat, eine Menschenentwicklung
plausibel zumachen, die ohne Gott funktioniert. Aber
hey - das kann dem Gläubigen doch wohl egal sein,
oder? Ihr schert euch doch nicht darum, was so ein
‚armer Atheist‘ behauptet ...
Was allerdings nicht mehr geht, ist, dass eine
Weltanschauungsweise die alleinige Deutungshoheit
beansprucht. Es gibt jetzt einen Grund, in dem
vorstellbare Alternativerklärungen wurzeln können.
Atheistische Weltbilder, aber auch andere spirituelle
Glaubensgefüge und Spekulationen. So könnte es doch
sein, dass Geist oder Chi sich ebenfalls evolutionär
entwickelten, genauso, wie der erste
Replikationsmechanismus aus unbelebten Bestandteilen
entstand - die Emergenztheorie ist ein spannendes,
plausibles Annahmengebilde.
Mit den Alternativen ist nun eine gewisse
Beliebigkeit eingetreten. Ihnen gefällt das Wort
nicht, denn Sie hängen einer Weltanschauung an? Diese
ist für Sie natürlich in keinster Weise beliebig,
klar. Aber dass Sie gerade von dieser, Ihrer
Weltanschauung überzeugt sind, liegt doch in Ihrer
Biographie begründet. Andere Biographien führen zu
anderen Weltanschauungen und das ist, sorry, eine Art
von Beliebigkeit. Von außen betrachtet, und das tue
ich hier.
Ich schränke ja niemandes Überzeugungen ein. Denn es
kann ja durchaus sein, dass eine bestimmte
Weltanschauung richtig und alle anderen falsch sind.
Oder dass allen Weltanschauungen ein echter wahrer
Kern unterliegt, der dann die (u.U. noch nicht
erkannte) Wahrheit darstellt. Aber bis wir das
wissen, ist alles möglich ... Dass wir es jemals
zweifelsfrei wissen werden, ist höchst
unwahrscheinlich.
Schönheit der Natur,
egal woher
Beliebigkeit, oder vielleicht besser
Alternativenreichtum ist natürlich gefährlich. Aber
er setzt Sie ja nicht gefangen, im Gegenteil wurden
Sie befreit.
Sie sind Christ? Dann hat kein Atheist das Recht,
Ihnen vorzuschreiben, an eine nicht geschöpfte Welt
zu glauben. Ihr christlicher Glaube ist frei! Sie
sind Muslim? Dann hat Darwin auch Sie in Teilen davon
befreit, sich irgendwelchen Kreuzfahrerlehren
unterwerfen zu müssen. Wenn Sie Atheist sind, wissen
Sie sowieso, was ich meine, müssen aber daran denken,
dass Sie nicht das Recht haben, jemandem seine
Überzeugung zu entreißen - Sie sind frei, er ist
frei.
In diesem Sinne stimmt es dann einmal: Wahrheit macht
frei. Frei zu glauben, aber auch frei vom Zwang
zu einem bestimmten Glauben.
Wahrscheinlich ist es diese Freiheit, die den
Kreationisten ein Dorn im Auge ist. Deshalb kommen
die heute, wo das mit dem
auf-den-Scheiterhaufen-schmeißen nicht mehr ganz so
einfach geht, auch wissenschaftlich daher und stellen
eine sogenannte Alternativtheorie zur
Diskussion: die Lehre vom Intelligent Design, ID.
ID besagt, dass bestimmte Aspekte des Kosmos und des
Lebens besser durch eine intelligente Ursache (i.e.
Gott) erklärt werden als durch andere Theorien,
insbesondere besser als die Annahme, dass Leben sich
durch den ungerichteten Zufall entwickelt habe. So,
sinngemäß, etwa das Discovery Institute,
eine führende us-amerikanische ID-Institution (die es
sich auch nicht nehmen lässt, gerade heute, an seinem
Geburtstag, kräftig gegen Darwin zu polemisieren).
Es gibt viele Probleme, die die Heilslehre des ID
zeitigt. Andererseits ist ID aber auch überhaupt kein
Problem - in bestimmter Hinsicht. Denn was ID zu sein
vorgibt, ist es schlicht nicht, kann es schlicht
nicht sein. ID ist nämlich keine rivalisierende
wissenschaftliche Theorie, denn ID stellt sich
außerhalb der Wissenschaften, da seine Annahmen
prinzipiell nicht nachprüfbar sind.
Die der Evolutionstheorie hingegen schon, denn in die
noch vorhandenen sowie eine Vielzahl vermeintlicher
Lücken dieser Beweise stößt ID ja andauernd hinein.
Natürlich ist ID herzlich eingeladen, auf diese
Lücken aufmerksam zu machen; jeder ist aufgefordert,
Wissenschaft durch Kritik weiterzubringen. Unredlich
aber ist es, sich hinter dem Pulverrauch der
vorgebrachten Kritik selbst als Wissenschaft zu
gerieren, wenn man doch nichts weiter anbietet als
Glaubensinhalte.
Klar ist es denkbar, dass Gott das Universum so
geschaffen hat, wie es denn aussieht, und auch, dass
er es nur geschaffen hat, um den Menschen darin zu
platzieren. Nur überprüfbar ist das eben nicht und
deshalb ist ID eine Heilslehre (wenn man denn von
„Heil“ reden kann), keine Wissenschaft. Mit der
gleichen Plausibilität, die das ID vertritt, kann man
davon ausgehen, dass hinter allem Sein das Fliegende Spaghettimonster
steckt. Und das ist mir viel sympathischer,
wettert es doch wenigstens nicht gegen alle
Freiheiten, die mühsam gegen die
Kirchenfundamentalisten erkämpft wurden.
Was Darwin demgegenüber anzubieten hatte, war eine
lange Kette von empirischen Beweisen. Was er schuf
war gute, nein, allerbeste Wissenschaft, so wie sie
zu sein hat. Ja, Darwin war Atheist - später. Aber
der Weg dorthin war nicht leicht für ihn und die
Beweise für die Evolution fand und interpretierte er
schon zu Zeiten als er noch Christ war. Warum auch
nicht, widersprüchlich ist beides ja eben gerade
nicht.
Darwin 2009
Charles Darwin, geboren am 12. Februar vor 200
Jahren.
Herzlichen Glückwunsch und vielen Dank für alles!
Datenkontrollverlust - wie weit würden Sie sich treiben lassen?
(Ganz davon abgesehen, dass das Datensammelgebaren des Staates diesen Gedanken eigentlich schon seit Jahren nahelegt: Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung.)
Was mich gerade heute dazu bringt, dieses Thema im
Blog anzusprechen, ist eine Nachricht über die
finnische Elektronikfirma Nokia, die das Thema
„Datenschutz in der Wirtschaft“ auf eine neue Stufe
hebt. Nokia, das war schon länger bekannt, strebt an,
dass Finnland ein Gesetz erlässt, das es Nokia
erlauben soll, die Grenzen der
Kommunikationsüberwachung, die Finnland gesetzlich
eigentlich gezogen hat, zu überschreiten und
insbesondere den E-Mail-Verkehr seiner Mitarbeiter
weitestgehend inhaltlich kontrollieren zu dürfen.
Heute ist ans Licht gekommen, dass Nokia diese
Forderung mit der Drohung verbunden hat, den
Firmensítz aus Finnland abzuziehen, wenn dieses
Gesetz nicht kommt. Also soll die Regierung ein
Einlenken signalisiert und die Schaffung einer Lex
Nokia versprochen haben. (Quellen: Heise, n-tv sowie der Originalartikel in der
„Helsingi Sanomat“, der erfordert allerdings
Finnischkenntnisse.) Zwar gibt es mittlerweile
auch erste Dementis, doch die überzeugen nicht, so
dass die Frage also noch einmal dringlicher wird:
Wie weit wären Sie bereit mitzugehen?
Denn was ist denn schon Schlimmes an dieser
Überwachung? Was wäre schlimm daran, wenn Thyssen das
einführte? Oder Siemens? Oder die regionale
Baumarktkette und der Sanitärbetrieb zwei Straßen
weiter oder die Kita „Sonnenschein“ von gegenüber?
Was wäre schlimm daran, wenn es Sie beträfe?
Die allermeisten Mitarbeiter von Nokia haben, ebenso
wie Sie liebe Leserin, lieber Leser auch, nicht das
Geringste zu befürchten von so einer Überwachung. Und
dass ein paar schwarze Schafe dadurch eventuell
gefasst werden, macht ihren Arbeitsplatz nur umso
sicherer, denn die haben ja dem Betrieb geschadet.
Die eine oder andere grenzfällige Onlinenutzung kann
man ja auch auf zuhause verlegen: Buchmacher,
Erotikshop usw. Und dass einem erst jetzt, angesichts
der Einführung der kompletten Onlineüberwachung,
auffällt, dass man etwas sooo viel Arbeitszeit bei
Xing, Facebook oder MySpace verbringt, ist ja auch
nicht schlecht, denn nun kriegt man wieder mehr
geschafft. (Denn das gehört nun natürlich dazu -
nicht allein E-Mail wird mitgelesen, auch die Nutzung
und die Nutzungszeiten aller Internetsites und
-dienste wird ab nun protokolliert.)
Und selbst wenn Sie persönlich kein gutes Gefühl
dabei haben, überwacht zu werden ... denken Sie nur
an Ihre Abteilung ... würde von denen jemand
aufbegehren? Nein? Dann stünden Sie mit einer
Beschwerde ja auch noch allein im kurzen Hemd vor der
Chefin! Müssen Sie sich das antun? Können Sie sich
das überhaupt erlauben?
Wie weit also würden Sie mitgehen? Sie werden unter
Umständen ein gutes Stück zu laufen haben, denn den
Überwachern werden die Ideen nicht so schnell
ausgehen ...