Big Brother

Datenkontrollverlust - wie weit würden Sie sich treiben lassen?

Angesichts der in immer schnellerer Folge bekanntwerdenden Überwachungsaktionen, die Wirtschaftsunternehmen ihren Angestellten angedeihen lassen, stellt sich die Frage ziemlich akut, wie weit Sie sich treiben lassen würden? Was würden Sie an Kontrolle über Ihre Daten zulassen?

(Ganz davon abgesehen, dass das Datensammelgebaren des Staates diesen Gedanken eigentlich schon seit Jahren nahelegt: Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung.)

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Was mich gerade heute dazu bringt, dieses Thema im Blog anzusprechen, ist eine Nachricht über die finnische Elektronikfirma Nokia, die das Thema „Datenschutz in der Wirtschaft“ auf eine neue Stufe hebt. Nokia, das war schon länger bekannt, strebt an, dass Finnland ein Gesetz erlässt, das es Nokia erlauben soll, die Grenzen der Kommunikationsüberwachung, die Finnland gesetzlich eigentlich gezogen hat, zu überschreiten und insbesondere den E-Mail-Verkehr seiner Mitarbeiter weitestgehend inhaltlich kontrollieren zu dürfen.

Heute ist ans Licht gekommen, dass Nokia diese Forderung mit der Drohung verbunden hat, den Firmensítz aus Finnland abzuziehen, wenn dieses Gesetz nicht kommt. Also soll die Regierung ein Einlenken signalisiert und die Schaffung einer Lex Nokia versprochen haben. (Quellen: Heise, n-tv sowie der Originalartikel in der „Helsingi Sanomat“, der erfordert allerdings Finnischkenntnisse.) Zwar gibt es mittlerweile auch erste Dementis, doch die überzeugen nicht, so dass die Frage also noch einmal dringlicher wird: Wie weit wären Sie bereit mitzugehen?

Denn was ist denn schon Schlimmes an dieser Überwachung? Was wäre schlimm daran, wenn Thyssen das einführte? Oder Siemens? Oder die regionale Baumarktkette und der Sanitärbetrieb zwei Straßen weiter oder die Kita „Sonnenschein“ von gegenüber? Was wäre schlimm daran, wenn es Sie beträfe?

Die allermeisten Mitarbeiter von Nokia haben, ebenso wie Sie liebe Leserin, lieber Leser auch, nicht das Geringste zu befürchten von so einer Überwachung. Und dass ein paar schwarze Schafe dadurch eventuell gefasst werden, macht ihren Arbeitsplatz nur umso sicherer, denn die haben ja dem Betrieb geschadet.

Die eine oder andere grenzfällige Onlinenutzung kann man ja auch auf zuhause verlegen: Buchmacher, Erotikshop usw. Und dass einem erst jetzt, angesichts der Einführung der kompletten Onlineüberwachung, auffällt, dass man etwas sooo viel Arbeitszeit bei Xing, Facebook oder MySpace verbringt, ist ja auch nicht schlecht, denn nun kriegt man wieder mehr geschafft. (Denn das gehört nun natürlich dazu - nicht allein E-Mail wird mitgelesen, auch die Nutzung und die Nutzungszeiten aller Internetsites und -dienste wird ab nun protokolliert.)

Und selbst wenn Sie persönlich kein gutes Gefühl dabei haben, überwacht zu werden ... denken Sie nur an Ihre Abteilung ... würde von denen jemand aufbegehren? Nein? Dann stünden Sie mit einer Beschwerde ja auch noch allein im kurzen Hemd vor der Chefin! Müssen Sie sich das antun? Können Sie sich das überhaupt erlauben?

Wie weit also würden Sie mitgehen? Sie werden unter Umständen ein gutes Stück zu laufen haben, denn den Überwachern werden die Ideen nicht so schnell ausgehen ...

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