Neue Audio-Vorträge
Neu sind:
- Gewalt im Herr der Ringe, RingCon 2009 (Text hier)
- Fantasy ein Menschenrecht, Worms 2009 (Text hier)
Neu aufgelegt, da die Datei vom Elbenwaldspektakel fehlerhaft war:
- Mythos, Fantasy, Sage, Märchen, RingCon 2009 (Text hier)
„Gewalt“ und „Mythos, Fantasy ...“ enthalten übrigens jeweils noch ca. 10 min Diskussion - auch nicht uninteressant, und nicht verschriftlicht.
Wenn Sie mir also zu den Dateien folgen wollen ...
Aus gegebenem Anlass: Mal wieder Thema Eskapismus
Türen in fremde Welten
helfen ...
Allerdings haben sich die
Spiegel-Redakteure, wie ich finde, keinen
Gefallen damit getan, ausgerechnet diese beiden
Fantasyerzählungen auszuwählen. Und damit ziehe ich
mich nicht auf die bekannte Replik des
Herr-der-Ringe-Autors Tolkien zurück, dass
Fluchten ins Phantastische angesichts der
nüchtern-trostlosen Moderne legitime Fluchten eines
Gefangenen aus dem Gefängnis einer ent-ästhetisierten
Welt sind.
Ich halte die Beispiele Harry und Mittelerde für
schlechte Eskapismusbeispiele, weil sie beide
überhaupt nicht weltabgewandt sind. Doch der
Spiegel hält sie für „KIndergeschichten“ und
schließt im Weiteren: „Man zieht sich zurück in eine
infantile Welt, in der herzige Helden das Böse
besiegen.“ Und das natürlich nur, um den Kopf in den
Sand zu stecken: „Das moderne Märchen ist die Antwort
auf eine ruppige Welt.“ (Alle Zitate S. 154.) Oh ja,
Verantwortungslosigkeit pur!
Die „herzigen Helden“ sind natürlich die übliche
Spiegel-Polemik und wären gar nicht so
schlimm, wenn sie auch nur annähernd den Werken
entsprächen, denn schließlich sei auch dem
Spiegel gestattet, seine Punkte zu machen,
wie er es für richtig hält. Aber anhand dieser
Beispiele zeigt sich einfach, dass die Herren
Kurbjuweit und Steingart sowie Frau Theile schlicht
keine Ahnung haben, wovon sie schreiben.
Wo nämlich die Herzigkeit zu finden sein soll, kann
sich dem Publikum nicht erschließen. Etwa in den
Folterszenen zwischen Dolores Umbridge und Harry
Potter? Oder wenn Sam und Frodo sich am Ende ihrer
Kräfte durch die tödliche Ödnis Mordors schleppen?
Egal. Geschenkt, würde ich sogar sagen - denn die
Bemerkungen sind ja nur Randnotizen zum großen Thema
des Artikels -, wenn nicht die Werke und das Publikum
damit erstens en passant mal wieder beleidigt würden
und zweitens nicht schon wieder der unzutreffende
Gemeinplatz bedient würde, dass Fantasy mindestens
belanglos, vielleicht aber sogar gefährlich ist, denn
sie verhindert ja den Blick auf die wichtigen Dinge.
Aber schauen Sie sich diese herzigen Welten doch
einmal an. Nein, es muss gar nicht das bedrückende
verheerte Land sein, in das der ‚herzige’, an Lepra
erkrankte Held Thomas Covenant geworfen wird (von
dieser Fantasy-Serie redet der Spiegel ja
auch nicht - meine Entschuldigung). Nein, ich meine
das ach so herzige Hogwarts und die herzige Welt
Mittelerde.
In Hogwarts erlebt Harry Potter in 7 Bänden eine
typische Coming-Of-Age-Geschichte, einen
Entwicklungsroman wie es ihn seit Jahrhunderten gibt;
klassisches Literaturarsenal sozusagen. Lässt man
einmal die phantastische Kulisse beiseite, so findet
man eine durchaus realistische Geschichte über die
Probleme des Aufwachsens. In höchstem Maße zugespitzt
zwar, aber Zuspitzungen sind völlig normal in allen
Arten von Romanen und Filmen, um die Punkte zu
verdeutlichen, über die die Autorin, der Regisseur
Aussagen machen möchte. Dass die Zuspitzungen bei
Harry Potter bis ins Übernatürliche
hineinreichen, ist weder für die Form noch für die
Aussage von Belang. Todes- und Liebeszauber in
Fantasy sind nichts weiter als Metaphern für
menschliches Handeln. Worauf es ankommt, ist, ob die
Geschichte als Geschichte überzeugt und anspricht.
Und die ist komplex und reichhaltig, die Charaktere
besitzen Tiefe und die Entscheidungen, die den
Protagonisten abverlangt werden sind schwierig und
folgenschwer - ganz ähnlich wie jeder Jugendliche zu
ahnen beginnt, dass alles, was er tut komplex und
folgenschwer ist. Jedenfalls ist es keine infantile
Welt, in der einfach mal so das Böse besiegt werden
kann.
Auch Mittelerde ist keine Welt, in der rechts das
Böse und links das Gute stehen und Links mal eben
nach Rechts rüberrennen kann, um die Geschichte in
allgemeinem Wohlgefallen aufzulösen. Nicht einmal bei
Jackson ist sie das ... und um wie viel weniger bei
Tolkien, wie Steingart, Kurbjuweit und Theile leicht
einsehen sollten, wenn sie sich mal mit Feanor oder
Turin befassten oder auch nur über Gollum
nachdächten, von dem auch sie schon gehört haben
dürften. Es ist eine noch einmal deutlich komplexere
Welt als Hogwarts, die Tolkien da erschaffen hat, in
der es Unmengen an Gedanken, Überzeugungen und Ideen
zu entdecken gibt. Allein der melancholische
Niedergangscharakter - der ebenfalls bei Jackson zu
sehen ist - gibt schon so vieles zu bedenken, dass
nicht wenige Kritiker Tolkien deshalb in eine Reihe
mit den großen Kriegspoeten wie T. S. Eliot und Erich
Maria Remarque gestellt haben. Herzig? Nein,
Modernitätskritik und der Tod auf den Schlachtfeldern
des Ersten Weltkriegs finden ihre phantastisch
vebrämte Aufarbeitung.
... die Tür zur eigenen
Welt zu öffnen
Und die vermeintlichen
happy endings? Sie sind es ja wohl, die den
Hauptimpuls zum Eskapismus bergen, über den die
Autoren sich mokieren. Märchen - und selbst die sind
nicht so naiv wie der Spiegel-Artikel es
wohl gerne darstellen würde - enden oft mit der
Aussage, dass nach den Ereignissen alle glücklich und
zufrieden leben, eventuell bis heute und gleich um
die Ecke. Doch welches Fazit können die Helden Harry
und Frodo ziehen? In Harrys Fall endet die Geschichte
glücklich, aber das Happily-Ever-After-Gefühl stellt
sich nicht ein. Es ist gut, aber es fühlt sich eher
an wie: „Es ist geschafft.“ Und es war verdammt hart,
dorthin zu gelangen. Exakt so, wie sich der
vollzogene Austritt aus der Jugend anfühlt. Und für
Frodo - und die gesamte Welt Mittelerde, die nun auf
allen elbischen Zauber verzichten muss - gibt es
überhaupt kein Happy End, denn seine Wunden sind so
tief, dass er es nicht mehr in der Welt, die er
rettete, aushält und sie verlassen muss.
Harry und Frodo haben gelernt, dass man mitunter
große Opfer bringen muss und bilden damit ab, was
Menschen im wahren Leben tagtäglich erleben. Dass es
überhaupt zu Enden kommt, bei denen wenigstens das
Böse nicht triumphiert, verleiht unserer
Minimalhoffnung Ausdruck, dass wir das Leben halbwegs
anständig bewältigen werden und ist als solches nur
legitim. Natürlich sind Hogwarts, Mittelerde und all
die anderen zauberhafte Welten, die in sich hinein
entführen wollen. Harry, Mittelerde und ein großer
Teil der Fantasy erinnern uns aber auch daran, wie
steinig der echte (Lebens-)Weg ist. Mit Weltflucht
hat das nicht viel zu tun, viel eher ist es
zutreffende Diagnose, von den Ärzten Rowling und
Tolkien - so wie jeder gute Arzt es machen würde -
angereichert mit einem Schuss Hoffnung, der Mut
macht, den Weg weiter zu gehen.
Gewalt in "Der Herr der Ringe"
Mein Beitrag war die
Umsetzung eines lang gehegten Wunsches, nämlich
endlich mal zu ermitteln, wie viel Gewaltdarstellung
es wirklich gibt in Der Herr der Ringe. Es
ist zwar das Buch über den Ringkrieg, und
trotzdem umfassen Gewaltanteile maximal 20 % des
Textes, die eigentliche Darstellung von
Gewalttätigkeiten sogar nur gut 8 %!
Die Methode der Wahl, dieses zu ermitteln ist eine
quantitative Inhaltsanalyse. Um Probleme die mit der
Übersetzung zu tun haben zu umgehen (und weil es eine
internationale Konferenz war), habe ich die Analyse
allerdings in Englisch durchgeführt und beschrieben,
weshalb ich im Augenblick nur auf einen englischen
Text verweisen kann.
Wahrscheinlich wird es jedoch im Juli, auf dem
Tolkien-Thing, zu einem Bericht der Ergebnisse auf
Deutsch kommen, zu dem ich dann den Text übersetze
und natürlich auch hier veröffentliche. Bleiben Sie
dran. Bis dahin aber:
I would like to invite everybody interested in
The Lord of the Rings to take a look at
first results from the analysis of content of the
Ring-Trilogy.
Eine kleine Einführung in J.R.R. Tolkiens Werk und Leben ...
Aber auch der Tolkien-Kenner und die Besucher, die meine Arbeiten über Tolkien kennen, finden den Artikel vielleicht recht interessant, da ich einige Punkte erstmals anreiße, die ich später in größerer Tiefe zu untersuchen gedenke. So sind die Ideen über den Zusammenhang von Technikfeindlichkeit und dem Glauben Tolkiens in dieser Form meines Wissens nach so noch nicht angedacht worden. Auch die konzentrierte Erläuterung der Verbindung zwischen dem wissenschaftlichen Werk und dem Publikumserfolg Mittelerdes stelle ich hier das erste Mal so dar.
Entstanden ist die kleine Arbeit, weil ich von den Rotariern in Oberhausen gebeten worden war, einmal eine Einführung in das Thema Tolkien zu geben, von dem die meisten Mitglieder fast nichts wussten. Da mir nur 25 Minuten zur Verfügung standen, werden Sie die paar Absätze auch in einer guten Viertelstunde gelesen haben. Ich glaube, es lohnt sich: Bitte sehr.
Wo wir gerade über Tolkien sprechen: Anfang Mai werde
ich auf polyoinos eine Inhaltsanalyse vorstellen, die
erstmals detailliert (erbsenzählerisch, könnte man
auch sagen) aufführt, wie viele Anteile an
Gewaltdarstellung in Der Herr der Ringe
wirklich enthalten sind. Abonnieren Sie doch einfach
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Neue Ausgabe des Herr der Ringe ...
Stefan Servos, der Chef von herr-der-ringe-film.de, aka Cirdan, hat mit dem zuständigen Lektor, Stephan Askani, ein interessantes Interview über die von ihm und Lisa Kuppler verantwortete Neuauflage geführt.
Schön, dass diese Neuauflage bald vorliegt, auch wenn sie als Sammlerausgabe (limitiert auf 7.777 Exemplare) preislich mit 98,-, später sogar 128,- Euro, leider viel zu teuer geworden ist.
Auch wenn nämlich Stephan Askani im Interview die Gleichwertigkeit der Übersetzungen von Carroux und Wolfgang Krege betont, stehe ich, wie hier begründet, der Carroux-Übersetzung sehr viel näher als der von Krege, ohne allerdings letztere, wie es viele tun, zu verteufeln.
Bleibt nur zu hoffen, dass die viele Arbeit irgendwann auch in eine erschwingliche und unlimitierte Ausgabe überführt wird.