Machtmissbrauch, das ist immer noch das Problem mit der katholischen Kirche
Jeder aufgeklärte (ich meine die kantsche Aufklärung) Mensch sollte mit einem Achselzucken über diesen Schwachsinn von der Sündhaftigkeit gleichgeschlechtlicher Liebe hinweggehen können, was dem Thema genau die Aufmerksamkeit gewährte, die ihm zusteht - Null. Aber leider geht das nicht, denn die katholische Kirche übt noch sehr viel geistige Macht aus, weil Millionen von Menschen diese Kirche als geistigen Mittler zwischen sich und Gott verstehen.
Wenn es Gott gibt - was ich keineswegs ausschließe -, so ist es zwar so, dass alles, was mein Seelenheil betrifft sich zwischen mir und ihm abspielt. Aber das ist natürlich auch eine ganz schöne Bürde. Schließlich reden wir über das Schicksal meiner unsterblichen, also in alle Ewigkeit existierenden Seele im Angesicht eines allmächtigen Wesens, das auch die Funktion eines Richters über eben diese, meine Seele ausübt. Das ist sicherlich manchmal schwer auszuhalten, und so ist es schön, einen Beistand, Vermittler und Anwalt in diesem Verhältnis zur Verfügung zu haben: den Priester und die Kirche.
Auch ist es schwierig, das ganze Leben und seinen Sinn zu verstehen. Religion kann dabei ungemein hilfreich sein und die professionellen Vertreter von Religion üben auch hier eine tragende Mittlerrolle aus. Auch hier sprechen wir mit Sicherheit von einer Spanne, die das gesamte irdische Leben umfasst und vielleicht von einer ganzen Ewigkeit, die auf dieses Leben noch folgt.
Sollten Sie selbst nicht religiös sein, so stellen Sie sich aber bitte einmal vor, was nun Aussagen wie die von der Sündhaftigkeit von Homosexualität bewirken können. Stellen Sie sich vor, Sie glaubten fest und wirklich und unerschütterlich daran, dass die Lehren der Kirche Ihr Wegweiser durch das Leben und darüber hinaus in die Ewigkeit und zur liebenden Anerkennung durch Gott sind. Stellen Sie sich vor, Sie seien wirklich überzeugt davon, dass das Sündigen Sie zu tausenden von tausenden von tausenden Jahren in der Hölle verurteilt - allein, ungeliebt, eventuell pausenlos gefoltert. Genau so etwas können diese Priester dem Gläubigen nämlich einreden.
Angst machen, das
können sie ...
Wer so viel Verantwortung
trägt, wie die Priesterschaft, ist gehalten, damit
auch sehr verantwortungsvoll umzugehen. Wer so viel
Verantwortung trägt, besitzt damit auch eine sehr
große Macht. Schließlich haben diese Leute mit ihren
Auslegungen die Hoheit über das spirituelle Leben all
der Gläubigen, die beschlossen haben für sich die
katholische Heilslehre in Anspruch zu nehmen. Und wer
mit der nicht verantwortungsvoll umgeht, missbraucht
seine Macht. Und wer Macht missbraucht, dem gehört
sie entzogen. Nahezu das gesamte Bischofs- und
Kardinalskollegium und der Papst sollten zurücktreten
oder bei Nichtbefolgen zum Rücktritt verurteilt
werden!
Aber könnte denn etwas dran sein an der Idee
Homosexualität sei sündhaft? Nein, ausgeschlossen.
Homosexualität ist eine Spielart der Liebe zwischen
Menschen, und wenn es eine Sache gibt, die gut ist,
wenn Menschen sie ausüben, dann ist es dies: zu
lieben.
Ich scherze ja gerne, dass mir eine primitive
Religion wie die katholische - und primitiv ist sie
trotz all der überflüssigen theologischen Fakultäten
an denen gar nicht primitive Menschen sich bemühen,
der Primitivität einen intellektuellen Anstrich zu
geben - lieber ist als das Wischiwaschi der
Evangelen, die selbst Jesus rumdrucksenderweise die
Göttlichkeit abzusprechen beginnen. Da haben die
Katholen mit ihrem Teufel und echtem Schwefelgeruch
ja noch richtig was aufzufahren.
Angesichts der katholischen Realität bleibt mir
dieser Scherz aber im Halse stecken. Diese
sogenannten Seelsorger gehen mit ihrem
Machtmissbrauch nicht weniger verbrecherisch um als
die Inquisitoren vor 500 Jahren. Wer so
verantwortungslos spricht wie Ruhrbischof Overbeck
und Papst Benedikt, verbrennt nämlich die Seelen der
Gläubigen.
Das einzige was hilft - denn zurücktreten werden die
natürlich nicht - ist, sich klarzumachen, dass das
Seelenheil ganz ohne des Klerus´ belanglose Meinung
zwischen Ihnen und Gott entschieden wird. Hilfe und
Trost in dieser Angelegenheit können auch andere
spenden als ausgerechnet diese Priesterschaft. Die
liebt Sie nämlich nicht, sondern will Sie
beherrschen. Gott aber liebt Sie und will Ihre
Freiheit, sonst hätte er sich die Schöpfung gespart.
Bestenfalls einen Viertelsieg ...
Was alle Gegner der Vorratsdatenspeicherung
eigentlich erwartet hatten, war, dass sie insgesamt
als ein Verstoß gegen die Grundprinzipien des
Datenschutzes abgelehnt würde. Stattdessen hat das
Gericht festgelegt, dass eine Vorratsdatenspeicherung
verfassungskonform ist, „wenn ihre Ausgestaltung
besonderen verfassungsrechtlichen Anforderungen
entspricht“ (Quelle: heise-online). Denen ist
insbesondere dann Genüge getan, wenn Daten zu
bestimmten Zwecken der Strafverfolgung und
Gefahrenabwehr gespeichert werden. Verworfen wurde
nur eine schwammig-unbestimmte Form der
Vorratsdatenspeicherung für erst später
aufgestellte Fragestellungen und Interessen. Na
ja, einen Katalog relevanter Gefährdungsszenarien
wird die Regierung schon hinbekommen ...
Festgelegt wurde nur, dass die derzeitige, und damit
gekippte Regelung den Anforderungen an Transparenz
und Bestimmbarkeit der Nutzung der erhobenen Daten
nicht genügt. Wird diese hergestellt, so ist zu
erwarten, dass das BVfG eine etwaige erneute Klage
abschlägig bescheiden wird. Und das ist genau das,
was unser Innenminister jetzt so schnell von Frau
Leutheusser-Schnarrenberger fordert: ein schnelles
neues Gesetz, möglichst noch vor dem Sommer.
Warum so schnell? Na, im Herbst entscheidet der EUGh
über die europäischen Vorgaben und vielleicht schlüge
er Herrn de Maiziére damit ein noch nicht
fertigestelltes neues Instrument aus der
datensammeleifrigen Hand. Schauen wir mal, was das
FDP-geführte Justizministerium jetzt macht. Heute
morgen hat Frau Leutheusser-Schnarrenberger ja noch
gegengehalten - hier könnte sich die FDP endlich
wieder ein bisschen als liberal profilieren ... auch
wenn der Markt mal nicht profitieren würde.
Besonders bedrohlich ist übrigens die vom Gericht
vorgenommene Trennung in mittelbar und unmittelbar
genutzte Daten. Die ist relevant, weil „mittelbar
nutzbare“ Daten, wie IP-Adressen, in den Augen des
Gerichtes keinen direkten Datenzugriff darstellen und
deshalb auch weiterhin und sogar - allerdings auch
wie jetzt schon Praxis - ohne Richtervorbehalt
genutzt werden dürfen. Die Abmahnindustrie wirds
freuen. Verständlich ist diese Argumentation indes
nicht.
So gesehen hat sich entgegen des ersten Eindruckes
nicht viel Gutes getan. Für die Praxis hat das Urteil
gar keine Folgen und was kommen mag wird sich an dem
orientieren, was Europa entscheidet. Schade, unser
BVfG war auch schonmal besorgter um Freiheit und
Datenschutz.
Warum ich ein Liberaler bin, die FDP aber nicht
Warum? Weil der Liberalismus eine wichtige Sache ist, er aber von der Mannschaft um Herrn Westerwave vollkommen diskreditiert wird. Sollen die doch Anwälte, Hoteliers und Apotheker vertreten - aber bitte nicht unter dem Label „liberal“.
Ursprünglich ging alle Macht keinesfalls vom Volke aus, sondern musste in der Neuzeit vom Volke Stück für Stück erkämpft werden. Macht ist dem Homo sapiens eine prima Sache, die er genießt, aber aus freien Stücken meist nicht uneigennützig einsetzt. Also musste sie den Königinnen und Königen, Zarinnen und Kaisern und diversen selbsternannten Befreiern, die die Freiheit gleich wieder einkassierten, in zähen Verhandlungen und teilweisen Kämpfen abgerungen werden. Dass wir heute zumindest im Westen Bürger- und Menschenrechte haben, haben wir dem Liberalismus zu verdanken, der diesen Kampf führte.
An der Natur der Menschen hat sich nun nichts verändert, weshalb es immer noch nötig ist, die Freiheit zu verteidigen, sonst wird sich bald jemand finden, der sie uns wieder abnimmt. Also hat der Liberalismus weiterhin eine Daseinsberechtigung, denn nur seine Grundsätze verpflichten zum Erhalt der individuellen Freiheit. Und dieser Liberalismus ist auch kein kalter Freiheitsgedanke, denn er hat seit Adam Smith gewaltig dazugelernt und ist eine Verbindung mit den Grundgedanken von Sozialität und Solidarität eingegangen. Spätestens seit John Rawls Theorie der Gerechtigkeit liegen die theoretischen Grundlagen vor, eine gerechte und solidarische und freiheitliche Gesellschaft zu begründen beziehungsweise zu erhalten, denn noch liegen wir in Deutschland gar nicht so schlecht.
(Ja, es gibt auch andere Spielarten des Liberalismus. Welche aber gelten soll, kann man ja aushandeln, und der gesunde Menschenverstand spricht mit Macht für die Rawlssche Spielart - nachzulesen beispielsweise in Abschnitt 3 meines Buches Anspruchsvolle Schlüsse.)
Rawls und andere beschreiben eine gerechte Gesellschaft, die ihren Bürgerinnen und Bürgern die größtmögliche Freiheit gewährt, solange diese Freiheit nur nicht die Solidarität der Gesellschaft auflöst. Als Grundlage dieser Gesellschaft kann man die unveräußerlichen Menschenrechte beschreiben, die ihrerseits dem Liberalismus Ziel und Richtung geben. Und die ihn nötigenfalls einschränken, nämlich immer dann, wenn die angenommenen Freiheiten einiger, die Grundrechte anderer außer Kraft zu setzen drohen. Dies zu verteidigen oder überhaupt erst einmal zu erreichen, wäre ureigenste Aufgabe einer freiheitlichen Partei wie der FDP.
Das hat sie auch mal getan, wenigstens in nicht unerheblichen Teilen. Das war aber, bevor sie sich unter der Herrschaft Helmut Kohls bequem als Anwalt der Partikularinteressen einiger weniger etabliert hat und das Denken einstellte. Dann kam etwas unerwartet Rot-Grün und eine elfjährige Leidenszeit in der Opposition. Dem Verhalten adoleszenter Brüllaffen nicht unähnlich rumpelstilzte ein bei Jürgen Möllemann in die Lehre gegangener Herr Westerwave lauthals neben der Bühne des politischen Geschehens einher und warb um Aufmerksamkeit. Die er leider bekam. Nein, nicht weil jemand die FDP haben wollte, sondern weil ganz viele die Große Koalition nicht mehr haben wollten. Also durfte Herr Westerwave auf die Bühne hinauf - schade.
Jetzt regieren die ‚Liberalen‘ also. In einer Zeit, die ganz besondere Anforderungen an den Liberalismus stellt. Wir haben eine Wirtschaftskrise, die das Vertrauen in die Demokratie zu zerstören vermag, denn einer wie Josef oder Adolf „würde da sicher aufräumen“. Wir haben eine durch die elektronischen Medien revolutionierte Lebensweise, die mit dem einfachen Zugriff auf sensibelste Daten völlig neue Überwachungsformen und innovative Verarschungsweisen (Abofallen, Phishing, Bankbetrug) ermöglicht. Wir stehen vor dem Klimawandel, der den Liberalismus auf umgekehrte Weise herausfordert, denn der Wandel beruht auf exzessiver Nutzung der eigenen Freiheit, die in Umweltgefährdungen mündet, weshalb das Ausmaß diskutiert werden muss, in der persönliche Freiheiten aufgegeben werden sollten oder nicht. Und und und ...
Und was macht die FDP? Sie entdeckt ihre soziale Ader! Herr Niebel holt Bedürftige von der Straße und schenkt ihnen Staatssekretärsposten in dem Ministerium, das er eigentlich abschaffen wollte und nach OECD-Meinung vielleicht auch besser abschaffen sollte. Ach nee - trauriger Scherz beiseite. Die FDP macht erstens weiter wie bisher und bedient Partikularinteressen und vergisst zweitens alles, wofür der Begriff der bürgerlichen Freiheit steht.
Was soll beispielsweise dieser völlige Blödsinn von der „spätrömischen Dekadenz“ der Empfänger von Sozialleistungen? Außer einem Beweis der Ungebildetheit von Herrn Westerwave, der nicht einmal wie jeder Siebtklässler weiß, wie es in Rom wirklich zuging, kann man darin nichts erkennen. Liberalismus muss sich wirtschaftlichen Problemen von der Wurzel her nähern, heißt: Freiheit ist auch das Recht darauf, Freiheiten wahrnehmen zu können. Dafür braucht man Geld. Haben wir in Deutschland aber nicht, sagt die OECD im Ländervergleich. Also brauchen wir Maßnahmen gegen die ausufernde Armut, wie differenziertere Möglichkeiten der Aufstockung von Sozialleistungen und Absicherung des Alters sowie eine Mindestentlohnung wenigstens auf europäischem Niveau.
Es sind so viele Aufgaben zu meistern, gerade für Liberale. Die Pseudoliberalen von der FDP versuchen es aber nicht einmal. Ich schreibe wenigstens dagegen an. Deshalb bin ich ein Liberaler und die nicht!
Bildungsausgaben in Deutschland werden massiv erhöht! Hurra?
Und das kostet nicht mal was, wie schön ...
Denn die Mittelerhöhung besteht aus Buchungstricks. So besitzen Kommunen und Länder bekanntermaßen tausende von Immobilien. Teilweise sind das richtig schicke Dinger, wie etwa die schönen alten Universitätsgebäude in Städten wie Berlin, Tübingen, Heidelberg, Jena usw. Und so gut wie all diese Liegenschaften kosten ja eigentlich nix, denn sie sind im Besitz der öffentlichen Hand.
Ätsch, jetzt kosten sie aber doch, denn nun dürfen die Bundesländer in ihre Bildungshaushalte die Kosten von „fiktiven Mietzahlungen für die Liegenschaften von Schulen, Hochschulen und Kindertagesstätten“ einrechnen (TAZ vom 15.12., S. 3). So entstehen „kalkulatorische Unterbringungskosten in Höhe von 10 Milliarden Euro“ (so ein von der TAZ zitiertes Strategiepapier der Finanzministerkonferenz). Und diese 10 Milliarden Mehrausgaben bessern die Statistik entscheiden auf, so dass reichlich versprochenes Geld übrig bleibt, etwa um Übernachtungen in Luxushotels durch Mehrwertsteuerermäßigung zu subventionieren. „Leidtragende sind lediglich Schüler und Studenten“, so die TAZ.
Außerdem sollen die Bildungsausgaben um einen weiteren massiven Posten angereichert werden. Die Pensionszahlungen für ehemalige Lehrer und Professoren werden demnach in toto den Bildungsausgaben zugerechnet. Jeder sich die Restlebenszeit auf dem Tennisplatz vertreibende Expädagoge verbessert demnach hierzulande statistisch die Bildungsbemühungen. Der OECD, die uns ja schon lange damit nervt, dass wir zuwenig für die Ausbildung der jungen Menschen tun, kann dies dann genüsslich in den nächsten internationalen Bildungsreport untergeschoben werden.
Es ist zum Heulen! Und beängstigend.
Die Politik bietet ein dermaßen schwaches Bild, das man sich um die Demokratie immer mehr Sorgen machen muss, obwohl sie eigentlich die einzig ethisch-sozial angemessene Form des Regierens ist. Aber wenn eine neue Regierung schon in den ersten zwei Monaten solche Bilder bietet (der steuerpolitische Totalfehlschlag, das Wegducken beim Klimagipfel und die Verschleierungsaffäre um die Ereignisse in Afghanistan gehören auch dazu), ist das eine demokratiepraktische Katastrophe, die unmittelbar an Weimarer Eindrücke anschließt.
Aus gegebenem Anlass: Mal wieder Thema Eskapismus
Türen in fremde Welten
helfen ...
Allerdings haben sich die
Spiegel-Redakteure, wie ich finde, keinen
Gefallen damit getan, ausgerechnet diese beiden
Fantasyerzählungen auszuwählen. Und damit ziehe ich
mich nicht auf die bekannte Replik des
Herr-der-Ringe-Autors Tolkien zurück, dass
Fluchten ins Phantastische angesichts der
nüchtern-trostlosen Moderne legitime Fluchten eines
Gefangenen aus dem Gefängnis einer ent-ästhetisierten
Welt sind.
Ich halte die Beispiele Harry und Mittelerde für
schlechte Eskapismusbeispiele, weil sie beide
überhaupt nicht weltabgewandt sind. Doch der
Spiegel hält sie für „KIndergeschichten“ und
schließt im Weiteren: „Man zieht sich zurück in eine
infantile Welt, in der herzige Helden das Böse
besiegen.“ Und das natürlich nur, um den Kopf in den
Sand zu stecken: „Das moderne Märchen ist die Antwort
auf eine ruppige Welt.“ (Alle Zitate S. 154.) Oh ja,
Verantwortungslosigkeit pur!
Die „herzigen Helden“ sind natürlich die übliche
Spiegel-Polemik und wären gar nicht so
schlimm, wenn sie auch nur annähernd den Werken
entsprächen, denn schließlich sei auch dem
Spiegel gestattet, seine Punkte zu machen,
wie er es für richtig hält. Aber anhand dieser
Beispiele zeigt sich einfach, dass die Herren
Kurbjuweit und Steingart sowie Frau Theile schlicht
keine Ahnung haben, wovon sie schreiben.
Wo nämlich die Herzigkeit zu finden sein soll, kann
sich dem Publikum nicht erschließen. Etwa in den
Folterszenen zwischen Dolores Umbridge und Harry
Potter? Oder wenn Sam und Frodo sich am Ende ihrer
Kräfte durch die tödliche Ödnis Mordors schleppen?
Egal. Geschenkt, würde ich sogar sagen - denn die
Bemerkungen sind ja nur Randnotizen zum großen Thema
des Artikels -, wenn nicht die Werke und das Publikum
damit erstens en passant mal wieder beleidigt würden
und zweitens nicht schon wieder der unzutreffende
Gemeinplatz bedient würde, dass Fantasy mindestens
belanglos, vielleicht aber sogar gefährlich ist, denn
sie verhindert ja den Blick auf die wichtigen Dinge.
Aber schauen Sie sich diese herzigen Welten doch
einmal an. Nein, es muss gar nicht das bedrückende
verheerte Land sein, in das der ‚herzige’, an Lepra
erkrankte Held Thomas Covenant geworfen wird (von
dieser Fantasy-Serie redet der Spiegel ja
auch nicht - meine Entschuldigung). Nein, ich meine
das ach so herzige Hogwarts und die herzige Welt
Mittelerde.
In Hogwarts erlebt Harry Potter in 7 Bänden eine
typische Coming-Of-Age-Geschichte, einen
Entwicklungsroman wie es ihn seit Jahrhunderten gibt;
klassisches Literaturarsenal sozusagen. Lässt man
einmal die phantastische Kulisse beiseite, so findet
man eine durchaus realistische Geschichte über die
Probleme des Aufwachsens. In höchstem Maße zugespitzt
zwar, aber Zuspitzungen sind völlig normal in allen
Arten von Romanen und Filmen, um die Punkte zu
verdeutlichen, über die die Autorin, der Regisseur
Aussagen machen möchte. Dass die Zuspitzungen bei
Harry Potter bis ins Übernatürliche
hineinreichen, ist weder für die Form noch für die
Aussage von Belang. Todes- und Liebeszauber in
Fantasy sind nichts weiter als Metaphern für
menschliches Handeln. Worauf es ankommt, ist, ob die
Geschichte als Geschichte überzeugt und anspricht.
Und die ist komplex und reichhaltig, die Charaktere
besitzen Tiefe und die Entscheidungen, die den
Protagonisten abverlangt werden sind schwierig und
folgenschwer - ganz ähnlich wie jeder Jugendliche zu
ahnen beginnt, dass alles, was er tut komplex und
folgenschwer ist. Jedenfalls ist es keine infantile
Welt, in der einfach mal so das Böse besiegt werden
kann.
Auch Mittelerde ist keine Welt, in der rechts das
Böse und links das Gute stehen und Links mal eben
nach Rechts rüberrennen kann, um die Geschichte in
allgemeinem Wohlgefallen aufzulösen. Nicht einmal bei
Jackson ist sie das ... und um wie viel weniger bei
Tolkien, wie Steingart, Kurbjuweit und Theile leicht
einsehen sollten, wenn sie sich mal mit Feanor oder
Turin befassten oder auch nur über Gollum
nachdächten, von dem auch sie schon gehört haben
dürften. Es ist eine noch einmal deutlich komplexere
Welt als Hogwarts, die Tolkien da erschaffen hat, in
der es Unmengen an Gedanken, Überzeugungen und Ideen
zu entdecken gibt. Allein der melancholische
Niedergangscharakter - der ebenfalls bei Jackson zu
sehen ist - gibt schon so vieles zu bedenken, dass
nicht wenige Kritiker Tolkien deshalb in eine Reihe
mit den großen Kriegspoeten wie T. S. Eliot und Erich
Maria Remarque gestellt haben. Herzig? Nein,
Modernitätskritik und der Tod auf den Schlachtfeldern
des Ersten Weltkriegs finden ihre phantastisch
vebrämte Aufarbeitung.
... die Tür zur eigenen
Welt zu öffnen
Und die vermeintlichen
happy endings? Sie sind es ja wohl, die den
Hauptimpuls zum Eskapismus bergen, über den die
Autoren sich mokieren. Märchen - und selbst die sind
nicht so naiv wie der Spiegel-Artikel es
wohl gerne darstellen würde - enden oft mit der
Aussage, dass nach den Ereignissen alle glücklich und
zufrieden leben, eventuell bis heute und gleich um
die Ecke. Doch welches Fazit können die Helden Harry
und Frodo ziehen? In Harrys Fall endet die Geschichte
glücklich, aber das Happily-Ever-After-Gefühl stellt
sich nicht ein. Es ist gut, aber es fühlt sich eher
an wie: „Es ist geschafft.“ Und es war verdammt hart,
dorthin zu gelangen. Exakt so, wie sich der
vollzogene Austritt aus der Jugend anfühlt. Und für
Frodo - und die gesamte Welt Mittelerde, die nun auf
allen elbischen Zauber verzichten muss - gibt es
überhaupt kein Happy End, denn seine Wunden sind so
tief, dass er es nicht mehr in der Welt, die er
rettete, aushält und sie verlassen muss.
Harry und Frodo haben gelernt, dass man mitunter
große Opfer bringen muss und bilden damit ab, was
Menschen im wahren Leben tagtäglich erleben. Dass es
überhaupt zu Enden kommt, bei denen wenigstens das
Böse nicht triumphiert, verleiht unserer
Minimalhoffnung Ausdruck, dass wir das Leben halbwegs
anständig bewältigen werden und ist als solches nur
legitim. Natürlich sind Hogwarts, Mittelerde und all
die anderen zauberhafte Welten, die in sich hinein
entführen wollen. Harry, Mittelerde und ein großer
Teil der Fantasy erinnern uns aber auch daran, wie
steinig der echte (Lebens-)Weg ist. Mit Weltflucht
hat das nicht viel zu tun, viel eher ist es
zutreffende Diagnose, von den Ärzten Rowling und
Tolkien - so wie jeder gute Arzt es machen würde -
angereichert mit einem Schuss Hoffnung, der Mut
macht, den Weg weiter zu gehen.
Ich auch ein Sondervermögen
Ich bitte Sie - unsere Eltern haben doch immer dazu geraten: "Kind, wenn es geht, leg´ dir beizeiten Vermögen an." Einzig das Verhältnis zu meinem Kind, das könnte dadurch belastet werden, wird der Junge doch in zwanzig oder dreißig Jahren das von mir aufgelegte Vermögen abtragen müssen ... durch 75%ige Abgaben auf seine Arbeit; durch Grundsteuern, die das Haus auffressen werden, das er von uns zu erben hoffte; durch eine Staatsverschuldung, die unser ressourcenfreies Deutschland in einer Armenhaus verwandeln könnte ...
Aber was solls, jetzt wird erst einmal Vermögen geschaffen.
Egal, Kleingeld halt
...
Obama bekommt Friedensnobelpreis? Das ist gut ...
Sicher, mir wäre es lieber gewesen, wenn die chinesischen Dissidenten Hua Jia und/oder Wei Jingsheng, gerade jetzt, 20 Jahre nach dem Tiananmen-Massaker, den Preis bekommen hätten, doch das ist Gefühl. Die Ratio sagt: Wenn das schon ein politischer Preis ist, dann sollte er auch pragmatisch da eingesetzt werden, wo er etwas bewirkt. Und die Unterstützung der Dissidenten würde durch eine Preisverleihung nicht mehr wesentlich weiter gestärkt werden; eher noch würde das Regime Chinas noch weiter auf stur schalten und die Repressionen wegen der vermehrten Öffentlichkeit erhöhen, um nur ja nicht schwach zu erscheinen.
Obama aber hat zwar noch nichts gemacht außer guten Plänen, aber diese sind in großer Gefahr.
- In der Außenpolitik werden Friedensbemühungen immer torpediert, aber die zusammengewachsene Welt ist auch immer mehr durch die öffentliche Meinung beeinflussbar. Obama versucht nun wirklich, ausgleichend zu wirken und gerecht zu vermitteln, besonders im Nahen Osten. Mehr hat Jimmy Carter auch nicht getan, und der wurde auch Preisträger. Bei Obama in seiner derzeitigen Machtposition besteht die Chance, dass die Friedensbemühungen sich nachhaltiger auswirken und wenn nicht, hat Oslo zumindest ein frühes Zeichen gesetzt.
- In der Innenpolitik geht es Obama um Gerechtigkeit und soziale Belange, wie sie in einer so ungleich ausgestalteten Gesellschaft wie den USA bitter nötig sind. Warum also auch nicht hier ein Zeichen für den Wandel setzen? Das wird die Republikaner des rechten Flügels als Einmischung von außen natürlich noch mehr aufbringen, aber die könnten den Päsidenten sowieso nicht mehr hassen, als sie es eh schon tun. All jene aber, die nicht so verbohrt sind, werden moralisch unterstützt, wenn 'ihr' Staatsoberhaupt diese vielleicht anerkannteste Auszeichnung erhält, die man auf der Welt bekommen kann.
Lustig ist es, gerade jetzt, eine Stunde nach Verkündung der Entscheidung, Obama und Friedensnobelpreis zu googeln, und dann auf all die vorher erschienenen Artikel zu stoßen, in denen geweissagt wurde, dass es viel zu früh sei, ihm jetzt den Preis zu verleihen.
Ja, es wäre zu früh, ihm den Preis zu verleihen, wenn wirklich das Ergebnis das Wichtigste des Friedesnobelpreises wäre (in den Naturwissenschaften ist es das), aber das ist ja eben nicht mehr das Wichtigste; der Preis ist ein Fanal der politischen Einmischung geworden. Es ist gefährlich, den Friedensnobelpreis zu diesem Fanal gemacht zu haben, aber dieses Jahr ist es noch mal gutgegangen, denn es hat den Richtigen getroffen.
Kompromisslos ist immer schwierig ...
Ich beurteile dabei gar
nicht die Forderungen, sondern die Position an sich,
die sich in Forderungen ausdrückt, die der Linken, na
sagen wir mal, ein Alleinstellungsmerkmal
verschaffen: Verstaatlichung weiter Industrieteile,
Abschaffung des Justizwesens u.ä.
Was die Linke da fordert, steht in meist diametralem
Gegensatz zu allem, was die anderen Parteien sowie
die Mehrheit der Bevölkerung wünschen. Gut, das kann
man machen und hoffen, aus eigener Kraft 51 Prozent
aller Mandate zu erringen. (Dann funktioniert
natürlich immer noch nicht alles - die Abschaffung
der Gewaltenteilung bspw. ist verfassungswidrig und
nicht ohne die Abschaffung des Grundgesetzes machbar
... und spätestens hier sollten sich alle Bürger
massive Widerstandsmaßnahmen gegen die Linke
überlegen.)
Das kann man sich aber nicht auf die Fahnen
schreiben, wenn man wirklich etwas verändern will,
denn dafür braucht man immer auch die anderen,
zumindest einen gewissen Anteil der anderen, bis man
eine Masse zusammen hat, die ausreicht, Neues
auszuprobieren. Und wir reden hier von einem
Wahlprogramm, Landtagswahl 2010 in NRW.
Bei dieser Wahl besteht die reelle Chance, die
CDU/FDP-Regierung abzuwählen. Aber nur, wenn Linke,
Grüne und SPD zusammenarbeiten. Radikalforderungen
wie die der Linken signalisieren aber, wenn sie ernst
gemeint sind, dass diese Zusammenarbeit nicht
funktionieren wird.
Und warum sie überhaupt erst aufstellen, wenn sie
nicht ernstgemeint sind? Die bisherigen Punkte der
Linken reichen völlig aus, um all ihre Wähler zu
mobilisieren. Mit DDR-Reminiszenzen wie der
Verstaatlichung der Industrie aufzuwarten, dürfte so
manchen eher wieder abschrecken. Also sind die
NRW-Linken entweder verwirrt und glauben tatsächlich
an Campanella oder sie meinen es so ernst, dass die
befürchtete Kompromisslosigkeit zutrifft.
Sind sie aber wirklich so kompromisslos, dann
schließen sie jegliche konstruktive Zusammenarbeit
mit anderen Parteien aus. Das ist eine Radikalität,
die sich nicht mit moderner Demokratie in einer
pluralistischen Gesellschaft vereinbaren lässt und
Stimmen für die Linke sind dann verlorene Stimmen.
Beziehungsweise gefährlich, denn wer kompromisslos
ist, droht auch, seine Meinungen unter allen
Umständen und mit allen Mitteln durchzusetzen.
Schade eigentlich, denn die jetzige NRW-Regierung ist
schon bedenklich schlecht. Auch täte es dem ganzen
Land gut, wenn NRW ab nächstem Jahr wieder links
regiert würde, schon als Gegengewicht zur neuen
Bundesregierung. Nur geht das wohl nicht ohne die
Linke.
Aber mit dieser Linken dann doch lieber nicht
...
Kann man also nur hoffen,
dass die hier zitierten Meinungen
ehrlich sind.
Bleibt alles gleich, außer dass es der Politik gut tun wird ...
Und wird sich denn etwas ändern für uns Bürger? Ja, aber nicht wegen der neuen Regierung, sondern wegen der allgemeinen Wirtschaftslage, die sogar die Linke zwingen würde, zu sparen. (Da hätte sich deren Klientel in den nächsten vier Jahren aber verdutzt umgesehen.) Also einfacher wird es nicht, schöner auch nicht, gerade nicht für uns Kulturschaffende, denn der Kultur wird es zuerst an den Sparkragen gehen.
Aber was wird außer Sparen sein? Ein paar empörende Steuergeschenke wird es geben, aber das wird sich in engen Grenzen halten. Der ausufernde Verbotewahn wird von der FDP hoffentlich ein bisschen eingeschränkt werden (für irgendwas müssen die ja auch gut sein, und angeblich sind sie ja liberal, müssten also erst einmal gegen Einschränkungen der Freiheit sein, die die CDU ja im kleinbürgerlichen Gleichschritt mit der SPD vornahm). Der Umwelt wird es weiter an den Kragen gehen, aber das hätte Sigmar Gabriel allein bei einer Neuauflage der Koalition auch nicht verhindern können. Bildung und Forschung werden genauso wenig profitieren wie bei allen anderen Parteien außer den Grünen, die sich aber sowieso in keiner Konstellation erfolgreich dafür hätten einsetzen können. Und ansonsten wird weiterhin keiner verhungern müssen und wir werden alle noch zum Arzt dürfen, auch wenn natürlich nur ein kleiner Teil der Bevölkerung dort optimal versorgt werden wird.
Bleibt also alles gleich ... Bis auf unser Politikverständnis - das wird sich zum Guten bessern. Dieser unerträgliche Sumpf großkoalitionären Gekungels, dieses klebrige Einandernichtandiekarrefahrendürfen, dieser erstickende Konsens bloß nichts durchsetzen zu wollen - das alles wird hoffentlich enden. Jetzt haben wir wieder verschiedene Lager und einen Wettstreit der Ideen. Jetzt werden die einen zeigen müssen, dass das, was sie wollen, etwas taugt; und die anderen haben die Gelegenheit, Alternativen aufzuzeigen.
Es wird wieder Streit geben, und in der Politik ist Streit etwas, das wir brauchen. Gibt es keinen Streit, sondern nur Muttis und Möchtegernvatis der Nation, dann brodelt Unheimliches an den Rändern der politischen Landschaft hoch. Lähmt sich die Demokratie so, wie es deren Akteure in den letzten vier Jahren getan haben, dann wächst wieder der Glaube daran, dass es eine vorzuziehenswerte Alternative zur Demokratie gäbe. Die gäbe es natürlich, wenn Sie mich als benevolenten Diktator erwählen. Aber sonst ist eines sicher: Der Bürger ist vor einem Missbrauch der Macht nur dann halbwegs geschützt, wenn er sie in demokratischen Verhältnissen zuteilt und bei Bedarf wieder entzieht. Das muss nicht nur möglich sein, sondern es muss der breiten Masse auch erstrebenswert erscheinen. (Am meisten Besorgnis erregte gestern die niedrige Wahlbeteiligung.)
Das Meiste bleibt gleich, wir werden im wahren Leben nur wenig unmittelbar davon spüren, dass jetzt wieder ein bestimmtes politisches Lager das Sagen hat. Aber der Politik wird es gut tun und in vier Jahren sprechen wir uns wieder und werden urteilen. Das dürfen wir uns nie wieder aus den Händen nehmen lassen.
Gelassen bleiben, aber
wachsam ...
Übrigens kommt die
TAZ einen Tag später zu ganz
ähnlichen Schlüssen und bietet noch eine Reihe
weiterer Trostpflaster an, warum der Wahlausgang gar nicht so
schlimm ist ...
Zum Internet-Manifest
Dieses Manifest wurde heute Mittag an verschiedenen Stellen im Netz veröffentlicht. Interessant, aber doch einiger Kommentare bedürftig, wie ich finde. Deshalb geb ich hier das Manifest wieder, ergänzt um ein paar Anmerkungen.
von markus um 11:55 am Montag, 7. September 2009 | 31 Kommentare
Auf Initiative von Mario Sixtus hat sich eine Gruppe von Menschen in den vergangenen Wochen und Tagen im Netz vernetzt, um der Debatte über den “Untergang des sogenannten Qualitätsjournalismus” und der latenten Internetfeindlichkeit in vielen Medien ein zeitgenössisches Manifest entgegen zu setzen: Das Internet-Manifest “Wie Journalismus heute funktioniert. 17 Behauptungen.”
1. Das Internet ist anders.
Es schafft andere Öffentlichkeiten, andere Austauschverhältnisse und andere Kulturtechniken. Die Medien müssen ihre Arbeitsweise der technologischen Realität anpassen, statt sie zu ignorieren oder zu bekämpfen. Sie haben die Pflicht, auf Basis der zur Verfügung stehenden Technik den bestmöglichen Journalismus zu entwickeln – das schließt neue journalistische Produkte und Methoden mit ein.
polyoinos: Das ist ohne Zweifel richtig.
2. Das Internet ist ein Medienimperium in der Jackentasche.
Das Web ordnet das bestehende Mediensystem neu: Es überwindet dessen bisherige Begrenzungen und Oligopole. Veröffentlichung und Verbreitung medialer Inhalte sind nicht mehr mit hohen Investitionen verbunden. Das Selbstverständnis des Journalismus wird seiner Schlüssellochfunktion beraubt – zum Glück. Es bleibt nur die journalistische Qualität, die Journalismus von bloßer Veröffentlichung unterscheidet.
polyoinos: Das ist nur sehr bedingt richtig. Um sich in diesem so heterogenen Medium mit seinen tatsächlich Millionen von Bloggern und anderen Autoren durchsetzen zu können, bedarf es mittlerweile doch herkömmlicher Medienmacht, um mit entsprechenden Werbeaktionen und Erwähnungen wahrgenommen zu werden. Das heißt, dass die Oligopole doch wieder zum Zug kommen, und ob die sich für Qualität oder für das entscheiden, was sie gerne ausgesagt haben möchten, ist die Frage. Die Qualität hat dabei meines Erachtens die schlechteren Karten.
3. Das Internet ist die Gesellschaft ist das Internet.
Für die Mehrheit der Menschen in der westlichen Welt gehören Angebote wie Social Networks, Wikipedia oder Youtube zum Alltag. Sie sind so selbstverständlich wie Telefon oder Fernsehen. Wenn Medienhäuser weiter existieren wollen, müssen sie die Lebenswelt der Nutzer verstehen und sich ihrer Kommunikationsformen annehmen. Dazu gehören die sozialen Grundfunktionen der Kommunikation: Zuhören und Reagieren, auch bekannt als Dialog.
polyoinos: Das ist schlicht falsch. Die Mehrheit der Menschen ist gerade einmal User und verfügt meist nur irgendwie über einen Internetanschluss (der oftmals gerade einmal im Monat angeworfen wird). Aktiv mitwirkende User sind das also lange nicht zwingend und das Gros der Bevölkerung, besonders der Teil ab 40, 45 Jahren, sitzt immer noch mehrheitlich vor der Glotze (und müsste erst mühsam hin zu aktivität sozialisiert werden). Natürlich sollten die Medienhäuser darauf vorbereitet sein, dass die aktivere Userschaft wächst, aber erst einmal ist sie noch klein. Und ob sie später wirklich aktiv und gestaltend wirken wird, ist noch sehr fraglich.
4. Die Freiheit des Internet ist unantastbar.
Die offene Architektur des Internet bildet das informationstechnische Grundgesetz einer digital kommunizierenden Gesellschaft und damit des Journalismus. Sie darf nicht zum Schutz der wirtschaftlichen oder politischen Einzelinteressen verändert werden, die sich oft hinter vermeintlichen Allgemeininteressen verbergen. Internet-Zugangssperren gleich welcher Form gefährden den freien Austausch von Informationen und beschädigen das grundlegende Recht auf selbstbestimmte Informiertheit.
polyoinos: Das ist als Forderung sehr richtig. Aber die Offenheit wird doch schon total eingeschränkt, denken Sie nur an die Vorratsdatenspeicherung. Und was sollen erst Chinesen und Iraner sagen? De facto ist da schon nicht mehr viel Offenheit weltweit und es wird immer geschlossener werden.
5. Das Internet ist der Sieg der Information.
Bisher ordneten, erzwungen durch die unzulängliche Technologie, Institutionen wie Medienhäuser, Forschungsstellen oder öffentliche Einrichtungen die Informationen der Welt. Nun richtet sich jeder Bürger seine individuellen Nachrichtenfilter ein, während Suchmaschinen Informationsmengen in nie gekanntem Umfang erschließen. Der einzelne Mensch kann sich so gut informieren wie nie zuvor.
polyoinos: Das stimmt, aber nur für sehr medienkundige Personen. Schließlich gibt es genug Schwachköpfe und Fundamentalisten, die ebenso ungestört ihren Unsinn verbeiten können wie die Vernünftigen: googeln Sie mal Kreationismus oder suchen Sie die ‚Infoseiten’ von NPD und ähnlichen Organisationen auf. Und selbst da, wo es ‚nur’ um weniger brisante Infos geht, muss der User lernen, welchen er vertrauen kann und welchen nicht, weil sie schlicht falsch oder unvollständig sind. Es muss sehr viel gelernt werden, um mit dem Netz umgehen zu können, und ob das ‚der’ einzelne Mensch tut, darf bezweifelt werden.
6. Das Internet verändert verbessert den Journalismus.
Durch das Internet kann der Journalismus seine gesellschaftsbildenden Aufgaben auf neue Weise wahrnehmen. Dazu gehört die Darstellung der Information als sich ständig verändernder fortlaufender Prozess; der Verlust der Unveränderlichkeit des Gedruckten ist ein Gewinn. Wer in dieser neuen Informationswelt bestehen will, braucht neuen Idealismus, neue journalistische Ideen und Freude am Ausschöpfen der neuen Möglichkeiten.
polyoinos: Gut, aber war das vorher wirklich anders? Information war immer schon ein „sich ständig verändernder fortlaufender Prozess“. Das INternet erweiter die Akteure auf dem Schreibmarkt, aber ob das immer so gut ist? Viele schlechte Schreiber mit irrelevanten und redundanten Informationen diskreditieren die Internet-News-Erzeuger.
7. Das Netz verlangt Vernetzung.
Links sind Verbindungen. Wir kennen uns durch Links. Wer sie nicht nutzt, schließt sich aus dem gesellschaftlichen Diskurs aus. Das gilt auch für die Online-Auftritte klassischer Medienhäuser.
polyoinos: Noch kennen wir uns hauptsächlich durch Begegnungen, lassen Sie uns hoffen, dass es noch lange dabei bleibt. Links sind natürlich gut, aber man sollte die sogenannte virtuelle Realität (die es nicht gibt, s. Blog vom 5.9.) nicht überbewerten.
8. Links lohnen, Zitate zieren.
Suchmaschinen und Aggregatoren fördern den Qualitätsjournalismus: Sie erhöhen die Auffindbarkeit von herausragenden Inhalten und sind so integraler Teil der neuen, vernetzten Öffentlichkeit. Referenzen durch Verlinkungen und Zitate – auch und gerade ohne Absprache oder gar Entlohnung des Urhebers – ermöglichen überhaupt erst die Kultur des vernetzten Gesellschaftsdiskurses und sind unbedingt schützenswert.
polyoinos: Ja, aber es droht die Übermacht der Masse. Suchmasschinen und Aggregatoren können genauso gut Quantität statt Qualität aggregieren und Referenzen durch Verlinkungen können organisiert werden, ohne dass es etwas mit Qualität zu tun hat.
9. Das Internet ist der neue Ort für den politischen Diskurs.
Demokratie lebt von Beteiligung und Informationsfreiheit. Die Überführung der politischen Diskussion von den traditionellen Medien ins Internet und die Erweiterung dieser Diskussion um die aktive Beteiligung der Öffentlichkeit ist eine neue Aufgabe des Journalismus.
polyoinos: Ja, aber wer holt diejenigen mit ins Diskussionsboot, die sich noch vor dem Netz scheuen, wer gibt denen eine Stimme und sorgt dafür, dass sie neben denen den Profibloggern auch gehört werden?
10. Die neue Pressefreiheit heißt Meinungsfreiheit.
Artikel 5 des Grundgesetzes konstituiert kein Schutzrecht für Berufsstände oder technisch tradierte Geschäftsmodelle. Das Internet hebt die technologischen Grenzen zwischen Amateur und Profi auf. Deshalb muss das Privileg der Pressefreiheit für jeden gelten, der zur Erfüllung der journalistischen Aufgaben beitragen kann. Qualitativ zu unterscheiden ist nicht zwischen bezahltem und unbezahltem, sondern zwischen gutem und schlechtem Journalismus.
polyoinos: Gut.
11. Mehr ist mehr – es gibt kein Zuviel an Information.
Es waren einst Institutionen wie die Kirche, die der Macht den Vorrang vor individueller Informiertheit gaben und bei der Erfindung des Buchdrucks vor einer Flut unüberprüfter Information warnten. Auf der anderen Seite standen Pamphletisten, Enzyklopädisten und Journalisten, die bewiesen, dass mehr Informationen zu mehr Freiheit führen – sowohl für den Einzelnen wie auch für die Gesellschaft. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
polyoinos: Gut. Doch nicht genug damit. Die Informationsflut bedarf der ständigen Diskussion. Um zu verhindern, dass bspw. Fundis und kreationistische oder faschistische Schreihälse allein durch Lautstärke gewinnen.
12. Tradition ist kein Geschäftsmodell.
Mit journalistischen Inhalten lässt sich im Internet Geld verdienen. Dafür gibt es bereits heute viele Beispiele. Das wettbewerbsintensive Internet erfordert aber die Anpassung der Geschäftsmodelle an die Strukturen des Netzes. Niemand sollte versuchen, sich dieser notwendigen Anpassung durch eine Politik des Bestandsschutzes zu entziehen. Journalismus braucht einen offenen Wettstreit um die besten Lösungen der Refinanzierung im Netz und den Mut, in ihre vielfältige Umsetzung zu investieren.
polyoinos: Der Bestandsschutz wird durch die Hintertür kommen, indem die Mediemogule sich in alles einkaufen, was erfolgreich ist und alle Schreibenden kaufen, die Publikum haben. Es gilt hier vor allem, Unabhängigkeit anzumahnen, die trotzdem zu Leben ermöglicht.
13. Im Internet wird das Urheberrecht zur Bürgerpflicht.
Das Urheberrecht ist ein zentraler Eckpfeiler der Informationsordnung im Internet. Das Recht der Urheber, über Art und Umfang der Verbreitung ihrer Inhalte zu entscheiden, gilt auch im Netz. Dabei darf das Urheberrecht aber nicht als Hebel missbraucht werden, überholte Distributionsmechanismen abzusichern und sich neuen Vertriebs- und Lizenzmodellen zu verschließen. Eigentum verpflichtet.
polyoinos: Ja, solange gesichert wird, dass die Urheber nicht zum Freiwild werden und von ihren Erzeugnissen auch noch leben können. Piraten sind nicht per se Befreier, oft klauen sie schlicht.
14. Das Internet kennt viele Währungen.
Werbefinanzierte journalistische Online-Angebote tauschen Inhalte gegen Aufmerksamkeit für Werbebotschaften. Die Zeit eines Lesers, Zuschauers oder Zuhörers hat einen Wert. Dieser Zusammenhang gehört seit jeher zu den grundlegenden Finanzierungsprinzipien für Journalismus. Andere journalistisch vertretbare Formen der Refinanzierung wollen entdeckt und erprobt werden.
polyoinos: Werbung allein wird nicht tragfähig sein, es sollte viel mehr Emphase auf die anderen journalistisch vertretbaren (!) Formen gelegt werden ... So es sie denn geben wird?
15. Was im Netz ist, bleibt im Netz.
Das Internet hebt den Journalismus auf eine qualitativ neue Ebene. Online müssen Texte, Töne und Bilder nicht mehr flüchtig sein. Sie bleiben abrufbar und werden so zu einem Archiv der Zeitgeschichte. Journalismus muss die Entwicklungen der Information, ihrer Interpretation und den Irrtum mitberücksichtigen, also Fehler zugeben und transparent korrigieren.
polyoinos: Das ist im Augenblick so. Fraglich ist, wer die Datenbanken auf Dauer beherrschen wird, damit Information wirklich lebendig bleibt. Schon jetzt wird – unprofessionell – gefälscht, etwa bei Politkern in Wikipedia. Wenn das gut gemacht wird, wird auch das Internet Geschichtsklitterungen so wenig verhindern können wie alle Medien vorher.
16. Qualität bleibt die wichtigste Qualität.
Das Internet entlarvt gleichförmige Massenware. Ein Publikum gewinnt auf Dauer nur, wer herausragend, glaubwürdig und besonders ist. Die Ansprüche der Nutzer sind gestiegen. Der Journalismus muss sie erfüllen und seinen oft formulierten Grundsätzen treu bleiben.
polyoinos: Ein Publikum gewinnt auf Dauer aber auch nur, wer überhaupt erst wahrgenommen wird. Und wahrgenommen zu werden, ist bei zunehmendem Angebot eher eine Frage der Marktmacht als der Qualität. Hier ist der User gefragt, sich nicht abspeisen zu lassen!
17. Alle für alle.
Das Web stellt eine den Massenmedien des 20. Jahrhunderts überlegene Infrastruktur für den gesellschaftlichen Austausch dar: Die “Generation Wikipedia” weiß im Zweifel die Glaubwürdigkeit einer Quelle abzuschätzen, Nachrichten bis zu ihrem Ursprung zu verfolgen und zu recherchieren, zu überprüfen und zu gewichten – für sich oder in der Gruppe. Journalisten mit Standesdünkel und ohne den Willen, diese Fähigkeiten zu respektieren, werden von diesen Nutzern nicht ernst genommen. Zu Recht. Das Internet macht es möglich, direkt mit den Menschen zu kommunizieren, die man einst Leser, Zuhörer oder Zuschauer nannte – und ihr Wissen zu nutzen. Nicht der besserwissende, sondern der kommunizierende und hinterfragende Journalist ist gefragt.
polyoinos: Das ist aber viel Vertrauen in die Recherchefähig- und -willigkeit der Generation Wikipedia, die heute schon den simpelsten Fälschungen in eben dieser -pedia aufsitzt. Der Journalist für die Generation Wikipedia ist einer, der vor allem transparent darüber berichtet, wo er was her hat. Das erfordert einen neuen journalistischen Kodex und nicht simple Statements über angeblich kommunizierende Journalisten.
Das eigentlich nicht schlechte, nur übertrieben optimistische und blauäugige Manifest stammt von diesen Menschen:
Markus Beckedahl http://www.netzpolitik.org/ Mercedes Bunz http://www.mercedes-bunz.de/ Julius Endert http://www.blinkenlichten.com/ Johnny Haeusler http://www.spreeblick.com Thomas Knüwer http://blog.handelsblatt.com/indiskretion/ Sascha Lobo http://www.saschalobo.com/ Robin Meyer-Lucht http://www.berlin-institute.de/ Wolfgang Michal http://www.autoren-reporter.de/index.php?option=com_content&task=view&id=23&Itemid=66 Stefan Niggemeier http://www.stefan-niggemeier.de Kathrin Passig http://de.wikipedia.org/wiki/Kathrin_Passig Janko Röttgers http://www.lowpass.cc/ Peter Schink http://www.peter-schink.de/ Mario Sixtus http://www.elektrischer-reporter.de/ Peter Stawowy http://www.xing.com/profile/Peter_Stawowy Fiete Stegers http://www.netzjournalismus.de/
Die Einwürfe stammen von mir ...
Nedas Tod - erschütterndes Interview mit dem Ersthelfer
Sie werden von dem Tod der jungen Neda Agha-Soltan gehört haben, die von iranischen Milizen dafür erschossen wurde, dass sie friedlich an einer Demonstration teilnahm. Sie werden auch die Bilder in den Medien gesehen haben, auf denen eine junge Frau zu sehen ist, die auf dem Boden liegt, und zwei Männer, die sich über sie beugen, um ihr zu helfen.
Einer der beiden - ein Arzt, der Neda gar nicht kannte - konnte am Mittwoch aus dem Iran fliehen und hat der BBC ein 20-minütiges Interview gegeben, das ich für absolut authentisch halte und das auch die letzten Zweifel an der Echtheit der Handyvideos (es gibt zwei) ausräumen sollte.
Es ist erschütternd, was Arash Hejazi dort berichtet, und ich möchte meinen kleinen Beitrag dazu leisten, das dies Video weiterverbreitet wird:
Danke fürs Anschauen!
Frank
Al Jarreau oder Vom Glück, das die Kunst beschert
Die Stimme dieses Mann
dringt unmittelbar in meine Seele ein - jedesmal,
schon auf dem iPod - und löst dort Glücksgefühle aus,
ganz, als legte er einen Schalter um; es ist fast
unglaublich. Ich unterschreibe jederzeit, dass die
Stimme dieses Mannes „one of the most precious
treasures of this world“ ist.
Andererseits ist diese beglückende Wirkung aber
vielleicht doch ganz gut glaublich, denn ist dieser
unvermittelte Effekt mitten hinein in das
Emotionszentrum nicht das Wesen aller Kunst?
Natürlich nicht jede künstlerische Ausdrucksform bei
jedem Menschen, aber hat nicht jeder von uns
mindestens einen Punkt, wo ihn die Erzeugnisse
menschlicher Kreativität unmittelbar berühren? Das
mag bei der einen eine bestimmte Art von Skulpturen
sein, beim anderen Gemälde, beim dritten Musik, bei
der vierten Buch und Gedicht und bei wieder anderen
Schauspiel, Varieté, Artistik. Und viele von uns
erleben es gleich mehrfach und in verschiedenen
Genres ...
Im Falle der Musik scheinen aber besonders viele
Menschen ‚anfällig‘ für die Wirkungen der Kunst zu
sein. Lange nicht jeder malt oder fotografiert bzw.
sieht sie sich an. Viele lesen nicht. Aber richtige
Musikmuffel gibt es meines Eindrucks nach kaum. Musik
scheint universell zu berühren.
Die Wissenschaft untermauert das übrigens: Unter dem
Titel „Weltsprache Musik“ berichtet
wissenschaft.de, von der überkulturellen
Verständlichkeit von Musik: „Musik ist eine
Sprache, die anscheinend weltweit verstanden wird:
Selbst Angehörige von Naturvölkern, die nie zuvor
Kontakt mit westlicher Musik hatten, können die
emotionalen Anteile darin auf Anhieb
identifizieren.“
Hmm, was sagt uns das? Wohl zuerst, dass wir Menschen
eben doch alle gleich gestrickt sind, egal ob weiß,
gelb, schwarz, rot, Mann, Weib; zumindest in unseren
grundlegenden Anlagen. Denn ob es nun Hiphop oder
Klassik sind, Schlager oder Jazz, die einen berühren,
das ist egal. Rhythmus und Tonlagen kommen an, bei
dem einen dieser Rhythmus, bei dem anderen jener. Bei
mir war es gestern in ganz, ganz hohem Maße der Jazz
von Mr Jarreau ...
Was dabei berührt, sind
Schönheit und eine situationsbedingte Stimmigkeit,
die mit der jeweiligen Stimmung korrespondiert - oder
sie konterkariert -, die man gerade sucht oder zu
meiden versucht. Ästhetik und Emotion - die
Basisparameter der Musik wie der Kunst überhaupt.
Antrieb und Ausdruck der künstlerischen Kreativität.
Losgelöst von einem im Alltäglichen verhafteten,
konkreten „Wozu?“ oder „Um zu ...“ spricht die Kunst
die Seele unmittelbar an. Und erzeugt Glücksgefühle.
Macht glücklich, Heitert auf, Lindert Leid. (Dass sie
andererseits auch negativ verstärken können ist mir
bewusst, aber nicht das, was ich meine.) Und
Negatives ist schon gar nicht das, was der gestrige
Abend in mir ausgelöst hat.
Versuchen Sie es bei Gelegenheit mal mit einer
20-minütigen Interpretation von „Take Five“. Oder mit
einem Galerie- oder Museumsbesuch, gutem Kino, einer
Lesung, dem Zirkus. Nur denken Sie daran, sich
regelmäßig der Kunst auszusetzen! Oder Sie - noch
besser - selbst zu üben. Wir sind nicht nur hier, um
zu essen und zu arbeiten ...
Erfolg gegen die Vorratsdatenspeicherung
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung veröffentlichte gerade auf seiner Seite:
„Als erstes deutsches Gericht hat das Verwaltungsgericht Wiesbaden die flächendeckende Aufzeichnung der Telefon-, Handy-, E-Mail- und Internetnutzung der gesamten Bevölkerung (sog. Vorratsdatenspeicherung) als unverhältnismäßig bezeichnet.
In der heute vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung veröffentlichten Entscheidung (Beschluss vom 27.02.2009, Aktenzeichen 6 K 1045/08.WI) heißt es wörtlich: ‚Das Gericht sieht in der Datenspeicherung auf Vorrat einen Verstoß gegen das Grundrecht auf Datenschutz. Sie ist in einer demokratischen Gesellschaft nicht notwendig. Der Einzelne gibt keine Veranlassung für den Eingriff, kann aber bei seinem legalen Verhalten wegen der Risiken des Missbrauchs und des Gefühls der Überwachung eingeschüchtert werden [...] Der nach Art. 8 ERMK zu wahrende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist durch die Richtlinie [zur Vorratsdatenspeicherung] nicht gewahrt, weshalb sie ungültig ist’.“
Der gesamte Wortlaut der Entscheidung ist unter obigem Link nachzulesen. Er richtet sich ausdrücklich sowohl gegen die bundesdeutsche Regierung als auch gegen EU-Vorgaben.
Es ist schon noch so, dass man in diesem Staat durch Engagement und Mitarbeit etwas erreichen kann. Und lebendig und lebenswert kann diese Gesellschaft nur solange bleiben, wie ihre Bürgerinnen und Bürger an ihr teilhaben. Zum Beispiel auch durch Einspruch und Kritik. So viel sollte auch Ihnen dies Land wert sein. Überlassen Sie es nicht den anderen!
Apropos Waffen ...
Welchen guten Grund kann es geben, in der BRD oder irgendeinem anderen entwickelten, demokratischen Land der Welt Waffen zuhause haben zu wollen?
Wozu auch? Zur Verteidigung? In dem praktisch nicht vorkommenden Fall, dass Sie zu Hause unter Waffengewalt überfallen werden, haben Sie Ihre Kanone sowieso gerade nicht in der Hand und woanders nützt sie dann nicht. Bei allen anderen Zugriffen auf Ihr Heim und Ihr Eigentum reicht der Polizeiruf aus. Und wer bekanntermaßen wertvolle Dinge besitzt (Juweliere etc.) soll die woanders lagen und bei jeder Notwendigkeit, sie zu bewegen, professionelle Kuriere anheuern (auf deren Honorar kommt´s dann auch nicht mehr an).
Was sonst noch? Jäger? Sportschützen? Wem diese Hobbys gefallen - gerne. Aber die Waffen aller Jäger und Sportschützen können in den jeweiligen Vereinen unter Verschluss aufbewahrt und durch gewählte oder angestellte Waffenwarte ausgegeben werden. Wer sich nicht daran hält, der fliegt und die Waffen werden enteignet.
Das Gleiche gilt für Waffensammler - die können sich in Vereinen zusammenschließen und dito.
Was also hindert, genau dies per Gesetz zu beschließen? Ich sehe keinerlei Recht persönlicher oder anderer Art, das dadurch verletzt würde.
Wenn doch dies in diesen Tagen wenigstens als Lehre gezogen würde ...
Was kann die Kirche grausam sein ...
Das Kind lebt in einem zutiefst katholischen Land. Wahrscheinlich ist sie gläubig erzogen worden. Wahrscheinlich glaubt sie den Unsinn, das Gott ihr die Hölle zuteilt, jetzt wo sie kein Glied dieser Organisation mehr ist. Wie hart wollen diese sogenannten Seelsorger eigentlich noch auf ein Kind einschlagen, das sowieso schon schwerstverwundet ist?
Nichts, gar nichts hat sie anscheinend von der Grausamkeit verloren, die diese Kirche so oft auszeichnete. Eine Kirche die millionenfach mordete, beim Morden zuschaute und jetzt darum bemüht ist, ihre schlimmsten Vertreter wieder heim ins Reich zu holen. Pfui! Soll euch doch der Teufel holen, er hat es ja nicht weit, wohnt er doch offensichtlich in den Häusern, in denen Ihr so etwas beschließt.
Ich weiß, es gibt so viele Punkte, die man dieser Kirche anlasten könnte. Aber dieser Anschlag auf ein Kind, der erzürnt mich in allerhöchstem Maße. In diesen Tagen ist dieser merkwürdige Holocaustleugner ja schon schlimm genug gewesen, aber diejenigen, die der angreift, können glücklicherweise gut zurücklangen. Dieses Kind jedoch ... schämen sollte sich diese Bande, in Grund und Boden schämen ...
Bleibt nur zu hoffen, dass dieses arme Kind so stark wird, dass ihr die Exkommunikation in einem Land, das die meisten Katholiken weltweit beherbergt, nichts ausmachen wird. Jeglicher Glaube, liebes Kind, ist besser als der Glaube an die Weisungen einer derart menschenverachtenden Institution.
Aber der Kirche? Was ist der zu wünschen? Einsicht? Ich glaube, dafür ist es zu spät. Eine neue Kirche ist vonnöten ...
Tot, richtig tot? - ein paar neue Fotos
Aber bei meinem Besuch
hätte sich sowieso niemand aufregen können, der
Friedhof war leer. Und das zu den allermeisten Zeiten
wohl schon recht lang: Ich sah kein Grab, das jünger
war als 1930 und die Grabstätten und -steine sahen
aus, als habe sie ebenfalls seit 1930 niemand mehr
gepflegt. Bäume und große Büsche werden noch von der
Verwaltung zurückgeschnitten, wie frische Aststümpfe
beweisen, aber die Ruhestätten der Verstorbenen holt
sich die Natur zurück. Vor allem der Efeu, der
überall wächst und manches Kreuz schon abgebrochen
hat.
Doch es kommt kein Gedanke an Verwahrlosung auf. Es
ist als würden die Verblichenen nun langsam - ganz
langsam, nach 80 Jahren sind die meisten Grabsteine
immer noch weitgehend frei, wenn auch moosbewachsen,
verwittert, schief - in den Schoß der Erde
zurückkehren. Ich habe ein paar behutsame Fotos
aufgenommen, die ich Ihnen in einer kleinen Galerie von nur
elf Bildern gerne zur Ansicht bieten möchte.
Das ist natürlich kein Ersatz dafür, dort gewesen zu
sein, aber Friedhöfe kennen Sie ja; wahrscheinlich
ist dies Kennen für Sie mit Wehmut verbunden. Für
mich auch, aber nicht nur, denn ich besuche in jeder
neuen Stadt immer mindestens einen Friedhof. So auch
hier in Peterborough, an einem dunklen, feuchten Tag,
an dem der Himmel tief über der Stadt und der flachen
Region der Fenlands liegt. An dem ein fremder
deutscher Tourist, sich als einziger über die
Grabplatten beugt und liest, dass geliebte Menschen
hier unter der Erde liegen.
Wie tot sind diese Toten? Es heißt ja immer, dass die
Verstorbenen in unseren Herzen weiterleben, solange
wir uns ihrer erinnern. Erinnert sich noch jemand an
diese hier? Die letzten Menschen, die diese hier noch
gekannt haben können, sind jetzt 80 Jahre alt und
älter und sie sterben jetzt selbst bald. Sind diese
Toten hier dann richtig tot? Oder waren sie das schon
vorher?
Vor einem, auch mit Efeu bewachsenen Grab, liegt ein
fast frischer Strauß nur wenig verwelkter Blumen.
Hier erinnert sich noch jemand. Einer der Elizabeth
(✝
1926) und Frederick (✝ 1936) kannte?
Oder ein Nachkomme, dem von den beiden nur erzählt
wurde ... wie warmherzig und liebevoll sie zu den
Eltern, ihren Kindern, waren. So geliebt von ihren
Kindern, dass deren Kinder und Kindeskinder sie heute
noch ehren? Unvergessen jedenfalls.
Links rüber, nah an der Friedhofsmauer verschwinden
die Gräber dann schon unter wahren Wogen von Efeu und
die Bäume beugen ihre Äste tief, ohne dass die
Verwaltung sie daran hindert ... vielleicht lässt man
hier nun der Natur gänzlich ihren Lauf? Ich gehe
leise rüber und versuche vorsichtig, den starr
haftenden Bewuchs zu verschieben. Nichts zu machen,
hier kann man nicht einmal mehr die Namen lesen. Die
hier sind also wirklich tot ... Heimgekehrt?
Es gibt natürlich noch die Möglichkeit, sich über
große Taten, Entdeckungen und Kunstwerke in die
Unsterblichkeit zu erheben. Bach, Darwin, Goethe,
Mozart, Galilei, Michelangelo - vielgeliebt, oder
zumindest bekannt (Darwin) um ihrer Werke willen und
unsterblich? Ich weiß nicht. Die Werke geliebt, ja
sicher. Hören Sie mal die Matthäus-Passion, das ist
im wahrsten Sinne des Wortes liebenswert.
Aber Bach? Lieben Sie dadurch Bach und tragen Sie ihn
im Herzen? Ich nicht. Ich kann nur lieben, wen ich
kannte. Achten und verteidigen - das geht auch bei
anderen; etwa Tolkien gegen dümmliche Literaturkritik
oder den uralten Platon gegen moderne
Philosophenschnösel, die sich für sooo viel schlauer
halten. Aber lieben? Nein.
Also sterben wir alle
einmal wirklich, richtig und unwiderruflich? Ja, wohl
schon. Vielleicht leben wir ja woanders weiter ...
Keine Ahnung ... Aber ich mag Efeu, ich kann mir
seine Umarmung ganz angenehm vorstellen ... Und
irgendwann wird, was Teil von mir war, Efeu sein und
umarmt ...
Gut!
Datenkontrollverlust - wie weit würden Sie sich treiben lassen?
(Ganz davon abgesehen, dass das Datensammelgebaren des Staates diesen Gedanken eigentlich schon seit Jahren nahelegt: Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung.)
Was mich gerade heute dazu bringt, dieses Thema im
Blog anzusprechen, ist eine Nachricht über die
finnische Elektronikfirma Nokia, die das Thema
„Datenschutz in der Wirtschaft“ auf eine neue Stufe
hebt. Nokia, das war schon länger bekannt, strebt an,
dass Finnland ein Gesetz erlässt, das es Nokia
erlauben soll, die Grenzen der
Kommunikationsüberwachung, die Finnland gesetzlich
eigentlich gezogen hat, zu überschreiten und
insbesondere den E-Mail-Verkehr seiner Mitarbeiter
weitestgehend inhaltlich kontrollieren zu dürfen.
Heute ist ans Licht gekommen, dass Nokia diese
Forderung mit der Drohung verbunden hat, den
Firmensítz aus Finnland abzuziehen, wenn dieses
Gesetz nicht kommt. Also soll die Regierung ein
Einlenken signalisiert und die Schaffung einer Lex
Nokia versprochen haben. (Quellen: Heise, n-tv sowie der Originalartikel in der
„Helsingi Sanomat“, der erfordert allerdings
Finnischkenntnisse.) Zwar gibt es mittlerweile
auch erste Dementis, doch die überzeugen nicht, so
dass die Frage also noch einmal dringlicher wird:
Wie weit wären Sie bereit mitzugehen?
Denn was ist denn schon Schlimmes an dieser
Überwachung? Was wäre schlimm daran, wenn Thyssen das
einführte? Oder Siemens? Oder die regionale
Baumarktkette und der Sanitärbetrieb zwei Straßen
weiter oder die Kita „Sonnenschein“ von gegenüber?
Was wäre schlimm daran, wenn es Sie beträfe?
Die allermeisten Mitarbeiter von Nokia haben, ebenso
wie Sie liebe Leserin, lieber Leser auch, nicht das
Geringste zu befürchten von so einer Überwachung. Und
dass ein paar schwarze Schafe dadurch eventuell
gefasst werden, macht ihren Arbeitsplatz nur umso
sicherer, denn die haben ja dem Betrieb geschadet.
Die eine oder andere grenzfällige Onlinenutzung kann
man ja auch auf zuhause verlegen: Buchmacher,
Erotikshop usw. Und dass einem erst jetzt, angesichts
der Einführung der kompletten Onlineüberwachung,
auffällt, dass man etwas sooo viel Arbeitszeit bei
Xing, Facebook oder MySpace verbringt, ist ja auch
nicht schlecht, denn nun kriegt man wieder mehr
geschafft. (Denn das gehört nun natürlich dazu -
nicht allein E-Mail wird mitgelesen, auch die Nutzung
und die Nutzungszeiten aller Internetsites und
-dienste wird ab nun protokolliert.)
Und selbst wenn Sie persönlich kein gutes Gefühl
dabei haben, überwacht zu werden ... denken Sie nur
an Ihre Abteilung ... würde von denen jemand
aufbegehren? Nein? Dann stünden Sie mit einer
Beschwerde ja auch noch allein im kurzen Hemd vor der
Chefin! Müssen Sie sich das antun? Können Sie sich
das überhaupt erlauben?
Wie weit also würden Sie mitgehen? Sie werden unter
Umständen ein gutes Stück zu laufen haben, denn den
Überwachern werden die Ideen nicht so schnell
ausgehen ...
Starke, schmale Schultern
Wow, muss der starke
Schultern beweisen, und dass wo sie so schmal
aussehen, die Schultern des 44. Präsidenten der USA
...
Als ich so durch die Fotos der Inauguration
blätterte, die derzeit auf einen einprasseln, dachte
ich nur daran, unter welchem enormen Druck dieser
Mann steht, der von Millionen, vielleicht Milliarden
von Menschen mit messianischen Hoffnungen befrachtet
wird. Wie will er dem gerecht werden? Anders als
Frodo, dem sein übermenschlich starker Wille allein
genügte, würde Barack Obama nicht einmal ein solcher
Wille hinreichende Stärke verleihen.
Der sogenannte mächtigste Mann der Welt ist auf
dermaßen viele Zu- und Mitarbeiter in Politik,
Wirtschaft und Gesellschaft angewiesen, dass sein
möglicher Erfolg zu mehr als 95 Prozent von anderen
abhängt. Er kann nicht mehr sein als das Brennglas,
das die Energien des Landes (und vielleicht eines
großen Teiles der Welt) bündelt und so den
allgemeinen Neuanfang ermöglicht.
Der erste Tag beeindruckt mich schon einmal: Die Art
und Weise, in der er das Weiße Haus übernahm und die
Mitarbeiter/innen einschwor und ihnen Grenzen
setzte, das hatte was. Er wird sich schon
damit erste Feinde gemacht haben. Und er wird sich
noch viele Feinde machen müssen. Lassen Sie ihn
erst einmal zwölf Monate so weiterwirken und der
Secret Service wird allen Grund haben, sich Sorgen
um seine Sicherheit zu machen.
Aber es geht ja nicht anders. So kann es in den USA
und der ganzen westlichen Welt nicht weitergehen.
Nicht ökonomisch, nicht ökologisch, nicht
gesellschaftlich, nicht auf der Ebene des allzu
egoistischen Individuums. Wer da gegenlenken will,
macht sich Feinde, denn ein derart umwälzender Wandel
wird viele Unbequemlichkeiten bringen und manche
Pfründen unterpflügen.
Das geht nur, wenn die Menschen in den USA mitziehen.
Und da wir Otto Normalverbraucher in Deutschland
ebenso wie Joanna in Gabun, Cheng in China und Maria
in Argentinien ebenso davon abhängen, dass sich in
den USA was ändert, damit sich auf der Welt was
ändert, müssen wir alle, auf allen Kontinenten ebenso
mitziehen. Bescheidener werden - in materieller
Hinsicht. Optimistischer werden - in sozialer
Hinsicht. Glücklicher sein - in spiritueller Hinsicht
(ob als Atheist oder Gläubige).
Diese starken, schmalen Schultern müssen wir stützen,
auch wenn der Mann noch so strahlend und erfolgreich
scheint. Good luck, Mr. President!
Frohes neues, gutes altes ...
2008 war, was „the big picture“ angeht, sicherlich ein Jahr, dass fast völlig vom Wirtschaftsgeschehen bestimmt war. Das Finanzsystem brach also fast zusammen. Das wird auch 2009 stark negativ beeinflussen - glauben Sie mir, das ich das Folgende durchaus in sorgender Anerkenntnis der Tatsache schreibe, dass viele Menschen weltweit in durch Arbeitsplatzverluste in Not geraten werden -, aber letztlich habe ich ein ziemlich starkes Gefühl, dass diese Finanzkrise genau richtig kam.
Die Ökonomen haben in den letzten zwanzig Jahren einen immer wilder werdenden Tiger geritten, aber der jetzige Sturz ist schmerzhaft, doch nicht tödlich, was er in zwei, drei Jahren vielleicht durchaus geworden wäre. So kommt die Erkenntnis, dass Schneeballsysteme nicht funktionieren können und das Geld nur dann einen Sinn hat, wenn es eine Stellvertreter- oder Pfandfunktion für echte Waren und Werte darstellt, noch rechtzeitig. Die kommende Flaute wird die Welt ertragen.
Und daraus lernen. Es stimmt ja gar nicht, dass man nicht aus der Geschichte lernt, es ist nur so, dass es sooo viel ruhiges Bedenken erfordert, die historischen Lektionen zu beherzigen. Aber bei aller Hektik im vergangenen Herbst, wurden doch beispielsweise die Lektionen der Weltwirtschaftskrise der Dreißiger Jahre ganz gut umgesetzt und die gröbsten Fehler wurden vermieden. Aus dem Herbst 2009 werden die Ökonomen neue Dinge lernen und ihre Theorien und Instrumente weiter verbessern.
Und auch wir Nichtökonomen können wichtige Dinge aus der Krise lernen. Zuerst vielleicht die Tatsache, dass das mit den Schneeballsystemen nie und auch nicht in unseren Leben funktionieren kann. Ich finde diese Gier so erstaunlich, die Menschen dazu veranlasst, einfach den Hals mit Geld nicht vollkriegen zu können.
Da reicht es also nicht aus, dass ein Unternehmen eine Rendite von gesunden 5 Prozent macht. 5 Prozent scheint mir eine allseits verträgliche Wertschöpfung zu sein, die nachhaltig wirken kann. Ich hätte gerne ein unkompliziertes Sparkonto, das 5 Prozent abwirft. Das würde mir dann aber auch reichen. Aber nein ...
Da reicht es auch nicht, dass ein Unternehmen eine Rendite von 15 Prozent erreicht. Das ist ein Wachstum, das, egal in welcher Branche, doch schon nicht nachhaltig sein kann, denn so kann es doch nicht immer weitergehen, sagt einem schon der gesunde Menschenverstand. Aber nein ... reicht auch noch nicht.
Da gibt es dann, etwa im IT- oder Energiebereich, Unternehmen, die mehr als 15 Prozent schaffen. Jetzt geben die eine „Gewinnwarnung“ aus, dass der nächste Quartalsgewinn nicht 20, sondern nur noch 15 Prozent (also immer noch nichtnachhaltiges Wachstum) betragen wird, und dann verliert so ein höchstprofitables Unternehmen 25 Prozent an (Börsen-)Wert. Die hinter dieser ‚Enttäuschung‘ stehende Gier verstehe ich schlicht nicht. Sie ist mir einfach nicht nachvollziehbar. Doch war es das schon? Aber nein ... es geht noch doller.
Denn man kann ja auch 25 Prozent als Renditeziel ausgeben. Oder versprechen, und zwar als jährliches Ziel. Das ist aber, und da haben die deutschen Bischöfe zu Weihnachten völlig Recht gehabt, so unlauter, dass es an Betrug grenzt.
Warum diese Gier? Ich verstehe jeden Goldgräber am Klondike im 19. Jahrhundert, der, aus einer armseligen materiellen Situation kommend, bei einem Goldfund ausflippt und über alle Stränge schlägt. Ich kann auch nachvollziehen, warum Menschen sich über einem solchen Fundort gegenseitig erschießen. (Nachvollziehen heißt weder billigen noch entschuldigen.)
Aber die Gier eines Menschen, der als Milliardär mit Aktien zockt, um aus 7 Milliarden Euro 9 Milliarden zu machen, und dabei ein Riesenunternehmen mit all dessen sozialen Verantwortlichkeiten aufs Spiel setzt - eine solche Gier verstehe ich nicht. Das ist so absurd, das kann doch nur als pathologisch erklärt werden, oder?
Ganz ähnlich aber ist die Gier gelagert, die auf den Aktionärsversammlungen und auf dem Börsenparkett zum Ausdruck kommt, wenn abgestraft wird, wer keinen exorbitant hohen Gewinn, sondern nur einen sehr hohen Gewinn erreicht. In geringerem Ausmaß zeigt sich hier die gleiche Absurdität wie im Verhalten des erwähnten Milliardärs.
Das Kontinuum des möglichen materiellen Besitzes ist ein endliches; das ist doch völlig klar, oder? Wieso strebt man dann danach, Systeme zu errichten, die eine unendliche Menge von Besitz erzeugen oder zur Verfügung stellen sollen?
Oder wird nur versucht, von dieser endlichen Menge durch all diese unlauteren Konstruktionen einen nahezu unendlich großen Anteil für sich abzuzweigen oder anderen zu versprechen, um an deren Geld zu kommen? Wer das versucht, liegt aber selbst im Erfolgsfall falsch, denn eine solche Sucht zerstört das soziale Wesen des Menschen und versperrt ihm, weil es gegen seine eigentliche Natur ist, den Weg zum persönlichen Glück ebenso wie den Weg zum Glück im persönlichen Umfeld, das ja auch gerne als Entschuldigung für Gier genommen wird ( „Ich muss für die Familie sorgen.“ )
Es liegt eine große (Erkenntnis-)Chance in der derzeitigen Krise. Diese Krise wird auch wieder vergehen, das ist sicher. Aber dann ist auch die Chance zum Lernen vergangen, die wir besser jetzt ergreifen, wo uns der Frack noch saust.
Ich wünsche uns allen ein besseres 2009 und eine noch bessere Zukunft all die anderen Jahre ... gehen Sie lieber spazieren, als Börsenkurse am PC zu verfolgen.
Selektion durchgeführt
Hintergrund war ja, dass in den Familien der werdenden Eltern eine massive genetische Vorbelastung für Brustkrebs vorhanden ist. Die selektierten Embryonen tragen das sogenannte Brustkrebs-Gen nicht, das mit 50-85%iger Wahrscheinlichkeit bei einem mit dem Gen belasteten Kind zum Ausbruch von Brustkrebs im Erwachsenenalter geführt hätte.
Ich stelle mir jetzt vor, dass diese Familie das nicht gemacht hätte. In etwa 15 bis 25 Jahren hätte dann eine junge Frau vielleicht ihre Eltern angegriffen:
„Warum habt Ihr mich nicht mit den damaligen Möglichkeiten der Medizin ohne das verdammte Gen zur Welt kommen lassen?“
„Weil Du dann nicht auf der Welt wärest. Man hätte Dich verworfen.“
Und wenn dann, wiederum zwanzig Jahre später, die nicht mehr so junge Frau an Krebs erkrankt, dieser aber im ganz frühen Stadium behandelt und geheilt wird, denn die Frau betriebe natürlich eine sehr gewissenhafte Vorsorge, dann wird diese Frau spätestens verstanden haben. Und ihre Eltern.
Suchen Sie nicht danach, mit technischen Mitteln Perfektion zu erreichen. Perfektion ist unerreichbar, man kann sich ihr nur annähern. Aber nur durch eigene Anstrengungen und harte Arbeit an sich selbst und nicht durch Eingriffe von außen. Anders wäre auch schlecht.
Mehr Infos? Bitte hier weiterlesen.
Ach ja - frohe Weihnachten Ihnen allen ...
Was uns in der Krise wirklich fehlt ...
„An den vielen blöden Vorschlägen aus Politik und Wirtschaftslobby [zur Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise] kann man seh´n, wat wir heute wirklich brauchen: Bildung!“
In diesem Sinne ...
Bildungsfinanzbericht 2008 - traurig, traurig ...
Ja, stimmt schon. Von beschämend niedrigem Niveau
stiegen die Ausgaben auf viel zu niedriges Niveau.
Denn die wichtigere Zahl ist der Anteil der
Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) und
dieser Anteil ist gesunken (vgl. S. 15). Das stellt
nämlich in aller Deutlichkeit heraus, dass das
deutsche Bildungsbudget klar hinter der
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zurückliegt.
Das ist aber für ein Land, das zunehmenden
Fachkräftemangel erwartet, dass mangels anderer
Rohstoffe vor allem auf sein ‚Humankapital’ (was für
ein Wort) setzt und dass enorme politische Probleme
kriegen wird, wenn der Lebensstandard, der in hohem
Maße von der Bildung und Ausbildung seiner
Bürgerinnen und Bürger abhängt, nennenswert sinkt,
eine Entwicklung, die Politiker wohl „nicht
hinnehmbar“ nennen würden - wenn nicht ein sehr
großer in großen und kleineren Koalitionen
versammelter Teil von ihnen an dieser Entwicklung
aktiven Anteil hätte ...
Schade, dass dieser Befund auch wieder ohne Beachtung
und Konsequenzen untergehen wird ...
Schulpolitik in NRW besinnt sich - gut!
Denn wer sagt denn da solche klugen Dinge? Die Regierung, die hier das Turbo-Abitur und eine allgemein dermaßen starke Straffung der Lehrpläne angeordnet hat, dass seitdem die Schulkinder in NRW einem außerordentlichen Lernstress ausgesetzt sind, der zu mittlerweile massiven Elternprotesten auch unserer leistungsbewussten Bevölkerungskreise führt. Und jetzt erkennen die gleichen Leute, dass ein ‚fit für den Arbeitsmarkt im Grundschulalter’ doch nicht der Bildungsweisheit letzter Schluss ist.
Gut - besser spät als nie! Und hoffentlich aus Überzeugung, und nicht nur weil in einem knappen Jahr Landtagswahlen sind. Verstehen Sie mich nicht falsch - ich bin schon davon überzeugt, dass Kindern viel lernen sollten und dass sie ein möglichst breites Wissensrüstzeug für ihr Leben brauchen. Aber ich weiß auch wie Lernen funktioniert. Lernen funktioniert gerade bei Kindern ganz hervorragend, wenn sie nur dazu angeregt werden, denn Kinder wollen prinzipiell immer alles wissen. Damit hören sie aber in dem Augenblick auf, wo ihnen das Lernen Angst macht.
Unlust und Unbehagen sind noch gar nicht die Punkte. Auch Kinder haben auf manche Dinge an manchen Tagen keinen Bock und wollen auch einmal die ‚mathematischen‘ Grundlagen des Dividierens und Multiplizierens nicht lernen. Aber sie kommen leicht darüber hinweg und lernen dann doch. Nur wenn sie Angst bekommen, dann machen sie zu. Genau wie wir Großen. Und Angst vor der nächsten Hausaufgabe oder Klassenarbeit entsteht genau dann, wenn sie unter Lernstress gesetzt werden durch beständige Prüfungen, die ungerechte Verteilung auf verschiedene Schulformen, den Primat eines wirtschaftskonformen Lebenslaufes im Alter von nicht einmal 15 Jahren usw.
Überhaupt: Anforderungen an einen ‚Lebenslauf’ als Teenager, aufgehängt an Betragens- und Schulnoten ... so erzieht man keine mündigen Bürgerinnen und Bürger. Also ist der NRW-Landesregierung nur beizupflichten, dass es wichtig ist, vieles an Druck aus der schulischen Ausbildung zu nehmen. Zuhause, in der Schule - aber auch im Ministerium, Frau Sommer.
CDU-Dominanz in den Ländern führt zu Bildungspolitik per Wegschauen
Der Bildungspolitik, die nach PISA, TIMSS, IGLU usw.
auf Erfolge dringend angewiesen ist, wird dies
Vorgehen gut zu Gesicht stehen. Sie, liebe Leserinnen
und Leser, werden sehen: Auf einmal steht Deutschland
viel besser da! Denn dann verschandeln die Ergebnisse
der Hauptschulen erstens nicht mehr die Statistik und
zweitens werden die Entscheidungsträger und die
Öffentlichkeit auch nicht mehr so impertinent darauf
hingewiesen, dass die Bildungspolitik bei dieser
Schulform permanent versagt.
Naheliegend wäre ja eigentlich, das mehrgliedrige
Schulsystem abzuschaffen - international sind
schließlich auch all die Länder erfolgreich, die kein
Splitting in verschiedene Schulformen durchführen -
und binnendifferenzierende Schulen einzuführen. Aber
diese heilige deutsche Kuh werde ich zu Lebzeiten
wohl nicht mehr geschlachtet sehen, also bleibt es
bei Gymnasium, irgendwelchen Mittelschulformen und
der Hauptschule. Einer Hauptschule, die ja auch nicht
mehr als defizitär auffällt, wenn sie nicht normal
mitgetestet wird, sondern ‚eigene‘ und ‚angepasste‘
Standards erfüllt.
Wenn man schon eine Institution garantieren möchte,
die alle Bildungsverlierer zuverlässig sammelt und
stigmatisiert (Stigmatisiert? Ja, sicher, versuchen
Sie mal mit einem Hauptschulabschluss, egal wie gut,
eine Lehrstelle zu bekommen.), so dass sie auf dem
normalen Arbeitsmarkt nicht durch ungehörige Teilhabe
auffallen, so gelingt das auf diesem Wege mit
ziemlicher Sicherheit. Interessierte konservative
politische Kreise können sich so auch ihr Weltbild
bewahren: Das Bild einer Welt, in der die
Schmuddelkinder - frei nach Franz-Josef Degenhardt -
keine Möglichkeit haben, mit den Kindern in der
Oberstadt zu spielen und dadurch irgendwelchen
Schmuddel zu übertragen. So hat dann alles seine
Ordnung und ist so ungerecht wie es die Welt halt nun
einmal ist. Gottgewollt, sozusagen ...
Dass man sich darüber erbost, wie es die Kommentatorin der WAZ zu
Recht tut, zeugt nur von unzeitgemäßer
Sozialromantik, oder?
Eine gute Wahl!
Ich werde gleich meinen Sohn in den Kindergarten bringen und, nein, dann werden die Bäume nicht über Nacht neu ergrünt sein und die herbstlichen Beete werden nicht in frühlingshafter Blumenpracht erstrahlen. Aber es war eine gute Nacht, mit einem Wahlergebnis, das der ganzen Welt gut tun wird.
Und auch in den USA wird nun kein „winter of love“ anbrechen. Die Amerikaner werden weiterhin vornehmlich ihren meist zu adipösen Bauchnabel betrachten, sie werden weiterhin die Umwelt über die Maßen belasten, ihre unzähligen, unnützen Waffen nicht weglegen und weiterhin werden sie selbst für sie das Maß aller Dinge sein. Es bleiben eben die guten/schlechten alten USA.
Aber diese Wahl wird den Menschen Hoffnung geben. Es ist eine banale Aussage gewesen, dieses „Yes, we can“, aber der Mann, der sie traf und die Menschen, die nur zu begierig darauf setzen, dass „wir es können“, die drücken damit eine sehr starke Emotion und einen Glauben aus, der sich wirklich in positivem Aufbruch entladen könnte.
Und wenn die Amerikaner nur aufhören, den Bremser in wirtschaftlichen, ökologischen und diplomatischen Entwicklungen zu spielen, dann ist schon viel gewonnen. Wenn diese im Kern starke und optimistische Nation auch noch zum Motor guter Entwicklungen wird, dann können wir wirklich weltweit etwas verbessern. Die Türen wurden in dieser Nacht weit aufgestoßen - God bless America ...
Der Fluch der bösen Tat in Hessen ...
Lassen Sie mich zuerst klarstellen:
1. Natürlich gehört Roland Koch als Ministerpräsident Hessens abgewählt. Der Mann ist mit Ausländerhetze und schwarzen Geldern an die Macht gekommen und konnte sich nur durch das Bauernopfer Manfred Kanthers vor einer Verurteilung bewahren. Zudem ist seine einseitig wirtschaftsfreundliche Politik unangemessen. Auf jeden Fall ist er keinesfalls integer, als leitender Politiker ungeeignet und seine Politik lässt vieles zu wünschen übrig, dass SPD und Grüne wahrscheinlich besser machen würden.
2. Natürlich ist das Verhalten von Jürgen Walter, Carmen Everts und Silke Tesch unentschuldbar. Hätten die drei wirklich derartige Gewissensprobleme gegenüber einer Tolerierung durch die Linken, hätten sie das sofort sagen müssen und sofort die Konsequenzen klarmachen müssen, dass sie Frau Ypsilanti eben nicht mit den Linken wählen werden. So wie Dagmar Metzger es getan hat, die allen Respekt verdient und deshalb - anders als die mal wieder reichlich verantwortungslose Presse dies tut - auf keinen Fall mit den drei anderen Taktierern in einen Topf geworfen werden sollte. Dann wäre dies Thema auch schon Anfang des Jahres abgeschlossen gewesen.
3. Und sicher ist es ein wahres Trauerspiel für die SPD, das sich aus den jüngsten Ereignissen ergibt. Es ist schade, dass sie nun gegen die CDU chancenlos ist, es ist schade für die Bundes-SPD, die weiter in den Zustimmungswerten absinken wird, es ist schade für die Grünen, die völlig zu Unrecht heute weit außerhalb der öffentlichen Aufmerksamkeit und Zustimmung stehen, und es ist schade für die Demokratie, die erstens im Allgemeinen einmal mehr als Schacherveranstaltung wahrgenommen wird und zweitens im Besonderen an dem Ansehensverlust einer einst starken Volkspartei leiden wird.
Aber von diesen Katastrophen mal ganz abgesehen,
erfüllt es mich mit Befriedigung, zu sehen, dass eine
böse politische Tat auch heute noch Konsequenzen hat.
Ich meine natürlich die glatte Lüge von Frau
Ypsilanti, nach der Wahl nicht mit den Linken
zusammenarbeiten zu wollen. Nein, liebe Frau
Machtpolitikerin, das sind keine Sachzwänge, das war
ein Wortbruch, das war eine Lüge und es ist ganz,
ganz wichtig für die Gesellschaft, dass die Dame mit
dieser Lüge nicht durchkommt, sondern schön
öffentlichkeitswirksam scheitert.
Einiges am menschlichen Zusammenleben ist ganz
einfach. Zum Beispiel die Tatsache, dass soziales
Leben und die Gemeinschaft des Vertrauens bedürfen.
Ein Wort muss ein Wort bleiben, sonst zerfällt die
Grundlage menschlichen Zusammenlebens, das in einem
Klima des Misstrauens nicht gedeihen kann. Nicht
umsonst gehört das Lügenverbot zu den zehn Geboten.
In diesem Sinne ist es wichtig, wenn ein Versuch von
Politikern (oder anderer bekannter Persönlichkeiten),
mit einer Lüge durchzukommen, spektakulär scheitert.
Allzu oft hat die Tat ja leider keine Konsequenzen.
Schade, dass Herr Koch den armen Hessen jetzt für
lange Zeit erhalten bleibt, aber besser so, als dass
die bessere Sache mit einer Lüge an die Macht kommt.
Sorgen ums Buch 2 (immer noch: Nee!)
Das ist aber doch egal, zumindest solange die Inhalte eins zu eins vermittelt werden. Also ist es auch egal, ob ich ein E-Book oder ein Buch lese.
Ich liebe Bücher und besitze ziemlich viele. Ich ziehe Bücher E-Books vor. Ich blättere lieber, als Knöpfe zu bedienen. Und ich finde meterlange Regalbretter mit Büchern unheimlich schön. Und ich mag auch das heillose Durcheinander auf meinen Regalen viel lieber als CD-ROM-Stapel:
Manchmal gestalten sich
Recherchen schwierig. Wo war noch mal der neue
Shippey?
Aber ich kann mit E-Books
eben doch genauso gut arbeiten wie mit normalen
Büchern. Und wenn der Zugang zu Informationen und
Literatur beschleunigt oder erleichtert wird, wie
auch Frau Norbisrath vermutet, - gut!
Denn McLuhan hat nichts bei der Betrachtung des
Kindle zu suchen (ganz davon ab, dass auch seine
„Magischen Kanäle“ nicht der Medienweisheit
allerletzter Schluss sind - googeln sie mal „mcluhan“
und „kritik“ ). Worum es bei dem Zitat "Das Medium
ist die Aussage" geht, ist, dass jedes Medium durch
seine Spezifika eine andere Wirkung erzielt. Tolkiens
"Der Herr der Ringe" (HdR) wirkt als Buch anders als
als Film oder Hörbuch, oder? Das ist sicherlich
richtig, denn beides ist nicht mehr das Buch, sondern
seine Interpretation durch Regisseure, Sprecher,
Schauspieler usw. Aber der HdR wirkt als Buch nahezu
genauso wie als E-Book.
Schauen Sie doch einmal Fotos eines Kindle an. Weiße
Seiten, schwarze Buchstaben. Keine Bilder, kein
Ton, keine Filme. Das Medium Buch ist in der
Zugangsweise gleich dem Medium E-Book. Es ist
egal, ob der Text des HdR im E-Book oder im Buch
steht. (Ich weiß, dass der Kindle eine „geheime“
Zusatzfunktion hat, Bilder darzustellen - so
what?, im Buch stehen keine.)
Man muss, zumindest als Leser, der Entwicklung nicht
"offensiv" begegnen. Gelassenheit reicht völlig aus.
Etwas anderes ist das bei den Autoren. Die müssen vor
der unbezahlten Verbreitung ihrer Werke geschützt
werden. Aber nicht unbedingt vor Folgen einer
Buchpreissenkung für E-Books. Die Verlage sparen
schließlich auch enorm durch digitale
Veröffentlichungen, was die Produktion von Büchern
angeht. Es sollte also ein Leichtes sein, die
bisherige 5 - 10 %-ige Entlohnung von Autoren auf 10
- 20 % zu erhöhen und so niedrigere Verkaufspreise
von E-Books auszugleichen.
Ich glaube, die Kulturpessimisten, die gegen die
Medien-Evolution zu Felde ziehen, haben vor allem ein
ästhetisches Problem (und evtl. keine Lust, neue
Kulturtechniken zu erlernen). Hey, das ist Euer
Problem! Ich sehe sehr viel mehr Chancen als
Probleme. Ein Beispiel nur: Schulbücher!
Wie viele Eltern haben Probleme, Lehrmaterialien zu
finanzieren? An wie vielen Schulen wird mit Büchern
von anno tuck gelehrt? Jetzt stellen Sie sich mal ein
stabiles E-Book-Lesegerät vor. Das wird halbjährlich
vom Schulserver aus mit den neuen Büchern und
Arbeitsblättern gefüttert - und fertig. Und weil man
mit dem Ding auch nicht daddeln und Filme gucken
kann, wird es auch kaum einen Grund geben, das Ding
zu rauben (was ein echtes Problem mit Schülerlaptops
ist).
Sorgen ums Buch? Nee!
Wäre ein Siegeszug des
E-Books aber wirklich so ein großer Kulturbruch? Was
macht denn ein Buch aus? Auch ich liebe die gute
Aufmachung eines Buches, gebunden natürlich,
Fadenheftung, möglichst mit Lesebändchen und
vielleicht auch Goldschnitt (obwohl ... der muss
nicht sein). Dann der Geruch! Besonders, wenn es
nicht gerade frisch aus der Druckerei kommt, sondern
schon so manches Jährchen auf dem Buckel hat.
Aufschlagen, umblättern und zu lesen beginnen ...
„Die Lebenserinnerungen Dieter Bohlens“ - würg!
Sie sehen, was ich meine? Es sind die Worte, die in
den Büchern stehen. Die Geschichten, die Meinungen,
die Fakten, die Ansichten, die Poesie und ihre
Ästhetik. Die werden zwar wunderbar eingerahmt von
einem liebevoll hergestellten Buch, aber essentiell
ist dieses Drumherum nicht. Ich kann Novalis auch auf
dem Kindle genießen und Lovecraft wird mir auch dort
angsteinflößend den Rücken hinaufkriechen. Sofern die
Technik stimmt, natürlich. Lesen auf meinem PDA ist
eine rechte Zumutung mit dem hellen, viel zu kleinen
Bildschirm und der hakeligen Bedienung. Aber der
Kindle beispielsweise soll ja wie Papier aussehen und
ohne Hintergrundbeleuchtung auskommen. Das reicht
mir.
Vor die Wahl gestellt, werde ich Novalis und
Lovecraft auch weiterhin als Buch lesen. Aber
Fachbücher? Wenn ich nur dran denke, wie einfach ich
im E-Book kommentieren, verschlagworten und vor allem
suchen könnte. Haben Sie schon einmal einen Aufsatz
geschrieben, in dem ein Zitat genau passen würde, das
aus einem Buch stammt, das Sie vor Jahren gelesen
haben? Mir passiert das dauernd und ich suche mich
dumm und dusselig, obwohl ich seit Jahren alle meine
Bücher mit Anmerkungen vollkritzele und kleine
Indizes auf den ersten oder letzten Seiten von Hand
anlege. Welch eine Wonne, ein digitales Dokument von
der Suchfunktion durchsuchen zu lassen ...
Wird dann das E-Book das ‚echte’ Buch irgendwann
verdrängen? Das mag wohl sein, und Sie können mir
glauben, dass ich das sehr (!) bedauern würde. Aber
ich werde es nicht mehr erleben. Auf Jahrzehnte
hinaus wird es gedruckte Bücher auch aller möglichen
Neuerscheinungen geben. Sie können als Bücherfreund
also ganz getrost weiterhin alle E-Book-Fans
bemitleiden. Ihre Kinder und Enkel allerdings ...
Mein Sohn etwa mag durchaus erleben, dass gedruckte
Bücher zur Ausnahmepublikationsform werden. Und er
wird es wohl auch bedauern, da er bei uns zuhause mit
vielen Büchern aufwächst. Aber er wird auch gelernt
haben, E-Books als vollkommen alltägliches
Handwerkszeug und Lektüremittel zu handhaben. Genauso
wie die E-Zeitung, die, ganz wie bei Harry Potter,
kleine Filmchen statt Fotografien abbilden wird.
Und die heutigen und kommenden Kinder werden auch
gelernt haben, die neuen Kulturtechniken ebenso
typisch menschlich anzuwenden wie die alten. Nein,
Herr Potthoff, Sie brauchen sich keine Sorgen zu
machen, dass die Widmung an den Freund oder die
Geliebte verloren geht. Sie wird nur anders aussehen.
Wie? Keine Ahnung! Aber mit Emoticons, Smileys,
Lautschriften, Neologismen, ASCII-Art und anderen
Dingen gelingt es den heute per Computer und
Netzwerken Kommunizierenden gut, das parfümierte
Briefpapier von einst zu ersetzen. Man schreibt
Liebesbriefe anders, aber man schreibt sie immer noch
und wird damit auch nie aufhören.
Wenn dann das Buch einmal ersetzt werden sollte und
nichts mehr gedruckt wird, so ist die Zeit halt über
die Printtechnik hinweggegangen. Schade, aber nicht
wirklich schlimm. Und die, die das erleben, werden
diesen Verlust auch nicht so empfinden wie wir, denn
sie sind unter ganz anderen Medienbedingungen groß
geworden. Wichtig ist, dass die Inhalte erhalten
bleiben, dass niemals Platon, Aristoteles, Augustin,
Dante, Shakespeare und all die anderen ebenso wie die
Gedanken von heute; dass all dies niemals vergessen
wird. Ist mir doch egal, ob es in Stein gehauen, auf
Papyrus gemalt, auf Papier gedruckt oder auf
Festplatten vorliegt - Hauptsache es ist zugänglich.
Nachtrag:
Gerade macht mich Friedhelm Schneidewind netterweise
auf einen guten Beitrag von Dennis Scheck im
Deutschlandradio aufmerksam, der erstens erklärt was
der Kindle ist und kann und zweitens die
Untergangsängste des Abendlandes angesichts des
digitalen Lesens auch eindrucksvoll relativiert:
bitte sehr.
Grüne Formel 1?
Ich finde, wenn die Formel 1 ökologisches Bewusstsein zeigen möchte, sollte sie die Jungs in Tretautos fahren lassen ...
In diesem Sinne, vroooaaammm ...
Google 2001
Gibt man beispielsweise „Harry Potter“ ein, so finden sich gut 840.000 Treffer. Macht man das beim aktuellen Google sind es mehr als 98 MIllionen. Den gut 7 Millionen Einträgen von „Stephenie Meyer“ heute (Sie wissen schon, die Vampirromantikerin, die jüngst so erfolgreich ist) steht genau einer aus dem Jahr 2001 gegenüber. Oder mal Politik: „Angelaa Merkel damals = 26.300 Einträge; heute über 8 Millionen.
Das macht Spaß, ich spiele noch ein bisschen weiter, ciao
11.10. Berlin: Demo gegen Überwachungswahn
Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtler rufen bundesweit zur Teilnahme an einer Demonstration gegen die ausufernde Überwachung durch Wirtschaft und Staat auf. Am Samstag, den 11. Oktober 2008 werden besorgte Bürgerinnen und Bürger in Berlin unter dem Motto "Freiheit statt Angst - Stoppt den Überwachungswahn!" auf die Straße gehen. Treffpunkt ist der Alexanderplatz um 14.00 Uhr.
Berlin ist zu weit weg? Die Anfahrt zu teuer? Der Verein zur Förderung des bewegten und unbewegten Datenverkehrs (FoeBud e. V.) organisiert deutschlandweit die Anfahrt mit „Bus und Bahn gegen Überwachungswahn“: https://shop.foebud.org/index.php?cName=akvorrat--demobus-c-36_42.
Was Sie das angeht? Vielleicht werfen Sie einen Blick in diesen Grundsatzartikel zum Datenschutz, besonders in den Abschnitt „Daten von Staats wegen“. Es ist einfach so, dass eine Demokratie darauf angewiesen ist, dass die Bürger auf ihre Freiheitsrechte selbst achten müssen, da staatliche Interessen der individuellen Freiheit allzu oft entgegenstehen. Wenn Sie Ihre Rechte nicht selbst verteidigen, steht es also in Frage, ob es jemand anders für Sie tun wird.
Außer natürlich den Bürgerrechtlern, die dies ehrenamtlich tun. Die können aber ohne Ihre Unterstützung mittel- bis langfristig gar nichts erreichen. Engagieren Sie sich, damit das Licht nicht ausgeht!
Weltuntergang weiter verschoben
Jetzt meldet Heise online gerade, dass der LHC bis Frühjahr 2009 aus bleibt. Also, genießt die Zeit ... obwohl ... ich habe gehört, dass sich in Wirklichkeit die Wurmlochpropheten im Beschleuniger manifestiert hätten und die Erde gewaltsam ...
Vielen Dank, liebe Kölner!
Und was machen die Kölner? Sie schmeißen das Pack raus! Sie lassen sie nicht einsteigen, sie bedienen sie nicht und sie stellen den Braunen die Köfferchen in die Gosse, wo sie hingehören. Das ist die Antwort, die man erhoffen durfte von den Bürgern einer Stadt, die den heranrückenden Feind schonmal mit den Worten begrüßten: "Wie kutt er dann scheeße, süht er nit, dat he Lück ston?"
Aber auch wenn man das schon hoffen konnte, so ist es doch einfach nur schön, zu sehen, wie sich die ganze Stadt gegen die braune Plage gewandt hat. Danke dafür!
Schade war nur, dass die Chaoten der linken Autonomen beinahe alles kaputt gemacht hätten mit ihrer sinnlosen Gewalt. Was unterscheidet euch eigentlich noch von den braunen Schlägern?
Skandalöses Schüler-Lotto ...
„Lehrer lassen arme Kinder zu selten ans Gymnasium.“
„Die Unterschichtsbremse für die Oberschulen greift höchst zuverlässig.“
„Aufs Gymnasium schaffen es in erster Linie die Privilegierten, nämlich Kinder gut betuchter Akademiker. Schüler aus einer niedrigen sozialen Schicht haben weitaus schlechtere Karten beim Schulübergang. Und zwar auch bei gleicher Leistung.“
„‚Vor allem die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Schicht hat Auswirkungen auf die Schulnoten der Kinder und auf den Bildungswunsch der Eltern’, sagte Stefan Hradil, Soziologe und Leiter der Untersuchung.“
„‚Neu ist, dass Lehrer offensichtlich schicht- und ethnienspezifische Empfehlungen aussprechen.’“
„Bei gleich guter Schulnote (2,0) erhielten nur drei von vier Kindern aus der niedrigsten Einkommens- und Bildungsgruppe eine Empfehlung für die höchste Schulausbildung. Dagegen sollten von den Kindern mit wohlhabenden und gebildeten Eltern 97 Prozent aufs Gymnasium - so gut wie alle also.“
„‚In der Oberschicht kommt eine Hauptschulempfehlung nahezu nicht mehr vor’, notierten die Forscher.“
Noch Fragen?
Ach so - Sie wollen wissen, was man tun kann?
Na, das dreigliedrige Schulsystem abschaffen und damit auf die Verurteilung hunderttausender 10-Jähriger zu lebenslanger Benachteiligung verzichten natürlich!
10 Jahre Google
Nein, das meine ich schon ganz ehrlich, Sie brauchen in diesem Glückwunsch nicht nach Spuren von Ironie zu suchen. Auch als Freiheitsredner, ist es nicht meine Pflicht, an der massiven Kritik teilzunehmen, die, ebenfalls in diesen Tagen, gegen Google vorgebracht wird.
Google sammelt in der Tat in außerordentlichem Maße persönliche Daten über seine Nutzer. Nur weiß ich nicht, ob dies, wie die Kritiker meinen, wirklich in missbräuchlicher Absicht geschieht, um Menschen auszuspähen und die gesammelten Daten dann zu eigenem Vorteil und Profit zu verwenden.
Vielleicht erfordern ja auch einfach nur die ausufernden Features von Google Earth, Google Health, Google Maps, Orkut und anderen Diensten die massive Anhäufung von Cookies und anderen Daten, die zum Funktionieren ebendieser Dienste gebraucht werden. Dann wäre nicht Google böse, sondern nur der User recht sorglos, der diese Dienste in Anspruch nimmt.
„Don´t be evil“ ist ja auch das Motto von Google. Und ich habe bis zum Nachweis des Gegenteils auch keinen Anlass, Larry Page und Sergej Brin, die Gründer von Google, für böse zu halten. Nein, erst einmal habe ich Respekt für die Leistung dieser Männer. Nur ... wie wäre es, wenn man es dabei beließe? Das wäre mal was ganz Neues, oder?
Google hat sich, das ist Fakt, zum größten Datensammler der Welt gemausert und weiß über die Userinnen und User, die Googles Dienste umfassend in Anspruch nehmen, fast alles. Und was es nicht weiß, könnte es aus den vorliegenden Daten extrapolieren. (Wenn Sie das Google-Wissen interessiert, empfehle ich die Lektüre des Buches „Die Google-Falle“ von Gerald Reischl und den Besuch seiner gutgemachten, gleichnamigen Website.) So könnte Google sich ein ganz eigenes Bild von Ihnen machen. Und das muss nicht einmal zutreffend sein:
Vielleicht sollte Google langsam mal aufhören,
weitere datenintensive Dienste zu entwickeln. Dumm
nur, dass da mittlerweile eine innere Dynamik
entstanden ist, die das Unternehmen immer weiter
treibt. In der modernen Aktienkultur wird ja sofort
gefressen, wer nicht ständig wachsende Quartalszahlen
vorlegt. Normale solide Gewinne reichen den Anlegern
heute ja nicht aus.
Also wird es weitergehen mit neuen datenreichen
Diensten und Ideen. Kann das alles gut sein?
Wohlgemerkt, es geht nicht um die Frage, ob das böse
ist. Aber kann es gut sein?
Wohl kaum. Diese Zentralisierung von Daten kann, wie
jede massive Zentralisierung, nicht gut sein, denn
der Schaden ist überwältigend, wenn eine zentrale
Struktur wie die Googles kompromittiert wird. Das
kann durch Missbrauch von innen geschehen, wenn
Google also doch böse würde, es
kann durch Angriffe von außen geschehen und eine
Zentralstruktur kann auch schlicht kaputtgehen und
ihre Funktionen verlieren oder preisgeben.
Es ist wie mit der Anhäufung von Macht überhaupt -
deren Verlust oder Missbrauch hat fatale Folgen. Und
die Antwort auf das Gefahrenpotenzial von
zentralisierten Strukturen ist die Dezentralisation.
Macht gehört verteilt und persönliche Daten gehören
in die Hände des Einzelnen, der sie nur dann
herausrückt, wenn es nötig ist.
Einiges funktioniert dann nicht mehr so bequem wie
heute? Da haben Sie Recht! Aber ist das so schlimm?
Und kann man nicht auch in dezentralisierten
Strukturen Kommunikationswege finden, die einen
Großteil der erreichten Bequemlichkeit erhalten,
dabei aber gefährliche Datenpools wie den von
Google umgehen? Das wird
sicherlich klappen.
Google ist einst als innovatives
Unternehmen angetreten. Es wäre an der Zeit für ein
weitere Innovation. Es ist Zeit für die Innovation,
es mal gut sein zu lassen. Und vielleicht sogar das
eine oder andere Werkzeug abzugeben. Und zu
dezentralisieren. Innovativ wäre daran vor allem der
Verzicht. Auch der Verzicht auf weitere
Quantensprünge bei den Quartalszahlen. Und das dann
kommunizieren, aufzeigen, dass es auch anders geht.
Ein Beispiel dafür geben, was gut ist!
Also, lass mal gut sein Google. Und nochmals: Herzlichen
Glückwunsch.
Prekariat: mein Unwort des Jahres
Schauen wir uns dieses Wort einmal an. Prekariat ist
abgeleitet von prekär, was laut Duden soviel wie
„schwierig“ oder „heikel“ heißt. Angehängt wurde dann
nur eine von „Proletariat“ entlehnte Nachsilbe. Laut
Wikipedia ist „Prekariat ist
ein Begriff aus der Soziologie und definiert
‚ungeschützte Arbeitende und Arbeitslose’ als eine
neue soziale Gruppierung“. Und wer fällt darunter?
Wikipedia weiß: „Betroffen sind einkommensschwache
Selbstständige und Angestellte auf Zeit,
Praktikanten, auch chronisch Kranke,
Alleinerziehende, Zeitarbeitnehmer und
Langzeitarbeitslose, aber zunehmend auch in
wissenschaftlichen Arbeitsverhältnissen
Angestellte: Prekariat definiert keine sozial
homogene Gruppierung.“
Okay, das Prekariat sind also Leute ohne, mit
geringem oder mit unsicherem Einkommen. Ja, die gibt
es. Das ist Sch****, aber es gibt sie, und zwar in
viel zu großer Zahl. Und die sind also „schwierig“
und „heikel“ – das ist aber eine schöne Art, Menschen
zu charakterisieren ... Denn diese Zuschreibung muss
man doch wohl wörtlich nehmen, so wie man im 19.
Jahrhundert Proletarier als Sammelbegriff für
besitzlose, abhängig Beschäftigte wörtlich meinte,
was von „proletarius“ abstammte und die niedrigste
Schicht im römischen Volk meinte, die zu nichts
anderem gut war, als Kinder zu produzieren, die dann
beispielsweise in den Legionen zu dienen hatten, wenn
sie nicht gleich versklavt wurden.
Doch „Proletariat“ ist ein Substantiv, das eine
Gruppe von Menschen beschrieb, eben die Angehörigen
einer besitzlosen Bevölkerungsschicht im alten Rom,
die proletarii, und später die Gruppe der abhängig
Beschäftigten im 19. Jahrhundert. Proletariat
klassifiziert also anhand eines Faktums. Prekariat
klassifiziert nicht nur sehr ungenau, wenn man mal
auf die heterogene Wikipedia-Definition schaut,
sonder es klassifiziert auch anhand einer nicht
objektiv haltbaren Zuschreibung, ist prekär doch ein
Adjektiv – „heikel“ eben. „Heikel“ und „schwierig“,
damit also auch „gefährlich“. Keine substantivisches
Faktum, sondern eine subjektive, adjektivische
Zuschreibung. Das ist immer auch eine Aussage über
angebliche Eigenschaften der so klassifizierten
Menschen.
‚Prekarier’ sind „heikel“?
Quatsch, es ist ihre Situation, die heikel ist;
prekär zu leben ist aber kein Merkmal der Menschen
selbst. „Aus prekären Arbeitsverhältnissen folgen
prekäre Existenzweisen“, schreibt Thomas Gross in der „Zeit“. Das
stimmt natürlich. Durch das Ankleben des Adjektivs
prekär wird die Situation nur noch verschlimmert.
Denn unterbewusst eignen sich die Angehörigen der
Gruppe der prekär lebenden Menschen diese
Zuschreibung mehr oder weniger stark an und
verlieren dadurch an Kraft, Selbstvertrauen und
Änderungswillen. Und auch die Nichtprekarier
übernehmen die heikle Zuschreibung mehr oder
weniger bewusst, wollen mit diesen „schwierigen“
und „gefährlichen“ Menschen nichts zu tun haben
und wünschen nicht, dass ihre Kinder mit ‚deren’
Schmuddelkindern spielen oder lernen. (Ach wie
gut, dass wir ein dreigliedriges Schulsystem
haben, da bleiben die Schmuddelkinder unter sich
...).
Ist schon klar: Worunter die vom wirtschaftlichen
Erfolg abgehängten Menschen hierzulande leiden, ist
sicherlich erst in dritter oder vierter Linie das
Wort Prekariat – kein Geld, keine Arbeit; krank,
unglücklich und mittlerweile sogar wieder hungrig zu
sein, das sind die wahren Probleme. Aber man darf die
Macht der Sprache und die Kraft der sich selbst
erfüllenden sprachlich verfassten Prophezeiungen
nicht unterschätzen.
Deshalb lautet mein Unwort des Jahres 2008:
Preka****.
Geklaute Magazine
Und wenn man die dann per Mausklich aufschlägt - WOW!, Scans (wohl eher geklaute Originaldateien) in ungekannter Qualität. Na, das ist doch mal ein Lesezirkel! - da braucht man ja nicht mal mehr zum Arzt oder Friseur zu gehen ...
Und beliebt ist die Site! Auf Digg.com kann man begeisterte Kommentare über den Zeitschriftendienst lesen:
„I love this...now i don't need to go to the library anymore.. and i can save money and paper!“
„Mygazines.com is really good & useful website. That's nice that you can do so many things with an article (like adding to favorite or sharing with friends) which in print you can not do. That's brilliant idea.“
Ja, wahrlich eine brillante und vor allem sooo liebenswerte Idee. Nur - wer bezahlt die Autorinnen, Grafiker und Fotografinnen die den Content dieser Magazine erstellen, wenn die Leser auf diese Papier- und Geldsparmaßnahmen zurückgreifen?
Frei nach einem weisen Indianerhäuptling fällt mir dazu ein: Erst wenn der letzte Inhalteproduzent verhungert ist, werdet Ihr sehen, dass sich das Internet nicht von alleine füllt ...
Nachtrag vom 20.10.08 -
mygazines.com musste
dichtmachen, angeblich aus Geldmangel. Gut so!
Olympia beginnt in unbeflecktem Stadion ...
Schließlich wurden die öffentlichen Stadien Chinas doch sonst auch gerne für Massenhinrichtungen durch Kopfschuss genutzt. Damit ist Schluss, denn der ÖPNV Chinas stellt seit einger Zeit Busse bereit, in denen die Delinquenten mit Giftspritzen hingerichtet werden. Und das mit der Spritze soll auch so bleiben, die schicken Stadien im boomenden China möchte man nicht weiter mit Blut, Hirnmasse und von Kugeln herausgerissenen Gewebe- und Knochenfetzen verschmutzen.
Ob das eine humanitäre Maßnahme ist, oder ob es zu schwierig wurde, das relativ hohe Blutaufkommen der großen Delinquentenzahlen aus dem Tartan zu waschen, war allerdings nicht zu erfahren.
Schöne Friedensspiele noch ...
Denglisch? Ich mag es nicht, aber es gibt Schlimmeres ...
„Wenn Kulturen über den sprachlichen Austausch leben und sich weiterentwickeln, sind Anleihen und Abgaben, der in die Wörter gefassten und über die Wörter zugänglichen Kulturmerkmale zwangsläufig Mittel des Transfers, die als solche nicht zu beanstanden sind.“ (Hans-Werner Eroms, 2007, 45)
Trotzdem nerven natürlich Sprüche wie „come in and
find out“ jeden, dem etwas an der deutschen
Schriftsprache liegt. Aber ist es mehr als ‚zu
nerven‘? Wenn man den Herren Krämer und Schneider so
zuhört, könnte man meinen, dass unsere gesamte
Ausdrucksfähigkeit in Gefahr ist, ganz abgesehen
natürlich von unserer nationalen Identität im
Besonderen, dem christlichen Abendland und der
humboldtschen Kultur im Allgemeinen
undsoweiterundsofort ...
Problematisch wird das dann, wenn Schneider in seinem
neuesten Buch Speak German! Warum Deutsch
manchmal besser ist fast in Hasstiraden fällt,
wenn er dem Denglischen den Kampf ansagt. Kampf? Ja,
einen „Kampf“ gilt es zu führen ... die Fremdwörter
heißt es „anzugreifen“ ... eine „Invasion“ des
Amerikanismus muss „abgewehrt“ werden ... und, heia
Safari, das wird Spaß bereiten: Anglizismen sind
„abzuschießen“, jede Woche mindestens einer. Allein
an diesem Wesen wird die deutsche Sprache genesen.
Warum das ein Problem ist? Weil es eine emotional
dermaßen aufgeladene Kriegsrhetorik ist, dass sie dem
Thema - Wie erreichen wir eine stilistisch gute
öffentliche Kommunikation? - völlig unangemessen ist.
Ich habe einmal viel von Schneider gehalten - genial
etwa: Unsere tägliche Desinformation aus den
Achtzigern - aber hier fühle ich mich von ihm
angesprungen. Das ist eine Rhetorik aus den
unschöneren Zeiten der ersten Hälfte des vorigen
Jahrhunderts, eine Rhetorik, die der Sache in jedem
Fall schadet.
Denn auch ein offen denkender und argumentierender
Autor wie der zitierte Eroms kritisiert die besonders
in PR- und Werbereichen inflationär eingesetzten
Anglzismen als schlechten Stil. Das geht durchaus und
stellt eine Kritik dar, die die Werber und
Öffentlichkeitsarbeiterinnnen hinter den
Kosemtikspiegel klemmen sollten. Eroms führt nämlich
schön und sehr differenziert aus, wie dieser Gebrauch
das Gebot des Maßhaltens durchbricht und so auch dem
ungeschulteren Leser als schlechter Stil auffällt und
somit ein kommunikatives Eigentor darstellt.
Aber mehr noch als zu warnen, ist zu beachten, dass
die Sprachbeeinflussung durch Fremdwörter erst einmal
positiv ist, da sie einen Zugang zu anderen Kulturen
eröffnet (Eroms 2007, 50). Überflüssige Anglizismen
zu geißeln, ist zudem eine „wissenschaftlich wenig
haltbare Position“ (Krämer und Schneider sind
schließlich Professoren), „denn wenn Wörter aus einer
anderen Sprache genommen werden, hat offenbar ein
Bezeichnungsbedarf bestanden, der genau diese Option
ausgelöst hat“ (48).
Nun hat dieser Bedarf bei come in and find out
sicherlich nicht bestanden, sondern ist konstruiert
worden und angeblich sechzig Prozent der Deutschen
verstehen darunter ja auch eher etwas wie „Komm rein
und versuche, wieder herauszufinden“. Aber diese
dummen Sprüche sind ja gerade Beispiele dafür, dass
der übertriebene Einsatz, beim Versuch den Zeitgeist
noch etwas schneller zuzureiten, in die Hose gegangen
ist. Schön ist ja, dass diese Kommunikationsversuche
genau die spöttische Reaktion hervorrufen, die einzig
angemessen ist.
Prägnante und sinnvolle Anglizismen reihen sich
demgegenüber nahtlos in die Sprache ein und werden
von ihr aufgenommen: Job, Boss, E-Mail. Und das war
schon immer so: Skonto, Bank und Porto stammen aus
dem Italienischen; Hausse, Chef, Rendezvous hört man
das Französische immer noch an; und wussten Sie das
Tornister, Roboter und Gurke aus dem Slawischen
kommen?
Nein, von einem gewissen Werber-Unsinn geht keinerlei
Gefahr aus, aber von undifferenzierter Kritik am
Fremdwortgebrauch und seiner Schwester der
Überfremdungsangst. Die Gefahr nämlich die Sprache
einzukapseln, und in die Richtung gehen ja die
jüngsten Schneiderschen Forderungen, der nötigenfalls
Sprachreinheit auch per Gesetz herstellen lassen
will, und damit das Denken selbst einzukapseln, es
auf einem lokalpatriotischen, deutschtümelnden Niveau
festzusetzen, das jeglicher Entwicklung zu
widerstehen sucht.
Dem braucht man wenigstens keine gesteigerte
Beachtung zu schenken, wenn man sich schon nicht die
Mühe machen will, Gegenrede zu leisten.
Nichtbeachtung reicht schon: Leute lest Eroms, nicht
Schneider! Schade nur, dass ein wertvoller
Theoriebeitrag wie der Eroms in einem nur von der
engsten Fachwelt beachteten Tagungsband vor sich
hinschlummert, während die Betrachtungen Schneiders
starrsinniger Überzeugungen derzeit alle Feuilletons
verunzieren ...
Literatur:
Das Buch vom Schneider halt ...
Eroms, Hans-Werner: „Fremdwörter“ - MIttel der
Teilhabe an anderen Kulturen. In: Földes, Csaba/
Antos, Gerd (Hrsg.): Interkulturalität:
Methodenprobleme der Forschung. Beiträge der
internationalen Tagung im Germanistischen Institut
der Pannonischen Universität Veszprém, 7.-9. Oktober
2004. München: Iudicium Verlag. 2007. 45 - 57.
Sterbehilfe? Für mich schon.
Das winzige Erlebnis, das ich hatte, bestand darin, dass ich bei einem Spaziergang mit meinem Sohn an einem Altenpflegeheim vorbeikam, bei dem in einem der ebenerdigen Zimmer das Fenster offen stand und man gut reinsehen konnte. Was ich sah, war ein freundlicher, heller Raum von ca. 4 x 4 Metern Grundfläche. Bett, Tisch, 2 Stühle, Beistelltisch mit Fernseher; alles in hellem Holz, ich nehme an Kiefer. Eine Blumenvase stand auf dem Tisch, alles wirkte sehr sauber. Kurz: Ein netter Eindruck.
Trotzdem verstehe ich die 79jährige Dame sehr gut, die Herrn Kuschs Hilfe in Anspruch nahm. So hübsch das auch aussah: Dort will ich nicht hin! Das ist kein echtes Zuhause, das ist Klinik. Hübsche Klinik, ja, aber ich war 13 Jahre als Krankenpfleger tätig und erkenne ein Patientenzimmer, wenn ich eines sehe. Nee, nicht für mich.
Was sein wird, wenn ich 79 bin, weiß ich nicht. Aber ich glaube nicht, dass ich mich in den nächsten 34 Jahren so verändern werde, dass ich Klinik und den Verlust eines echten Heimes dann in Kauf zu nehmen gewillt bin. Wofür auch? Für weitere drei, vier Jahre? Lohnt nicht. Weitere 20 Jahre, so ich sie denn erlebte? Die Vorstellung ist ja noch schlimmer!
Ich habe noch einiges vor, denke aber, dass ich mich dann irgendwann vor der letzten Reise nur noch ein bisschen ausruhen möchte und dann ist es gut. Aber ich ruhe mich doch nicht da aus. Wohlgemerkt, das ist keine Kritik an Pflegeheimen und Personal, wenn die so hübsch und aufmerksam sind, wie sich das in diesem einen Fall darstellte. Das Thema, das ich mit dieser Bemerkung anspreche, ist das der Autonomie meiner Entscheidungen.
Ich rede auch nicht davon, dass die Hospizbewegung gestärkt werden muss, dass die Palliativmeidzin besser werden muss, dass verdammt nochmal niemand Schmerzen zu leiden haben darf. Das ist alles richtig, wichtig und hilft bald hoffentlich vielen Menschen, dass auch die letzten Jahre schön werden.
Nein, ich rede davon, dass ich die alte Dame gut verstehe, die nicht ins Pflegeheim wollte. Und sei es noch so schön. Wenn ich zu dem Entschluss komme, dass es gut ist, dass ich nicht mehr möchte, dann will ich mein Leben auch auf eine Weise abschließen können, die mir den letzten Schritt leicht macht. Ja: leicht macht! Ich werde es mir schon nicht zu leicht machen, zu dieser Entscheidung zu gelangen. Dann aber will ich keine Hürde mehr vor mir sehen.
Es ist mein Leben. Es ist das einzige, was wirklich mir gehört. Vielleicht ist es auch nur das einzige, was wirklich mir gehören sollte. Dazu gehört, dass ich es aufgebe, wann ich will.
Und ein Gott, der mich nicht aufnimmt, weil Suizid Sünde ist, in dessen Reich will ich gar nicht. Aber ich denke nicht, dass Gott das so streng sieht.
Die Patientin Universität röchelt jetzt ziemlich ...
Der Uni geht es auch immer schlechter. Ich rede dabei gar nicht von Bachelor- und Masterstudiengängen - die haben zwar den Humboldtschen Bildungsgedanken gekillt, aber für den sind wir Menschen anscheinend eh nicht ausreichend gerüstet. Nee, es scheint viel mehr so zu sein, dass die Verschulung des Studiums einem ganz großen Teil der Studierenden entgegen kommt. Da wird man wenigstens noch bis Mitte Zwanzig ans Händchen genommen und durch das Leben geführt und den späteren Arbeitgebern ist es auch lieber, wenn die neuen Akademiker nicht allzu eigenständig denken und fragen gelernt haben.
Nein, die Patientin röchelt immer stärker wegen der Sparmaßnahmen, die ihr die Luft abdrehen. Wie heute in unserem Käseblättchen plötzlich und voller Sorge zu lesen ist, geht es den Geisteswissenschaften an den Kragen. Schön, dass das mal jemand merkt. Gefördert wird nur noch, was effizient ist, und Orchideenfächer wie Byzantinistik, Ägyptologie, Geschichtswissenschaften, Philosophie, die Lehrerausbildung und ähnlich abseitige Wissensgebiete werden zusammengestrichen. Bringen ja keine Drittmittel ... oder outsourcbare Start ups ... oder Ruhm und Ehre.
Schade - und das nicht nur aus melancholischen Gründen, wie dem, das uns Menschen die Philosophie einst das Denken und Verstehen lehrte. (Zumindest soweit man gewillt war, sich aufs Verstehen einzulassen.) Schade also? Ja! Denn, es ist doch nicht so, dass wir nun verstanden hätten und sie nicht mehr bräuchten. Oder glauben Sie, dass es derzeit ein ausreichendes Maß an Vernünftigkeit und Empathie in der Welt gäbe? Und wie sollen die Kommenden lernen, zu verstehen? Oder zu hinterfragen? Oder zu urteilen? Und wer kann entscheiden, ohne sinnvoll und kritisch geurteilt zu haben? Schade, dass die Wolkenkuckucksheime der Geisteswissenschaften aussterben ...
Sehe ich da hinten in der
letzten Reihe einen Ingenieur grinsen? Ja, noch haben
Sie gut lachen und sind heißbegehrt. Aber warten Sie
erst einmal ab, bis sich die Controller nach getaner
Meuchelei in den Geisteswissenschaften an die
naturwissenschaftliche Grundlagenforschung machen.
Ferne Galaxien beobachten? Die Gravitationswellen
oder Higgs-Teilchen nachweisen? Das ist genauso
brotlose Kunst wie die Philosophie. Nur werden euch
Ingenieuren dann ganz schnell die Grundlagen für eure
Erfindungen und den Fortschritt ausgehen.
Bleiben die Wirtschaftler und Juristen. Ich hoffe ihr
werdet reich damit, euch gegenseitig Businesspläne
aufzustellen ... schon da mit ihr uns Philosophinnen
und Lehrer, Historikerinnen und Linguisten als
Hauspersonal, Gärtner und Chauffeure beschäftigen
könnt ... wir geben euren Kindern dann beim
Babysitten auch schon mal den einen oder anderen Tipp
für ein gelingendes Leben ... versprochen!
Artenschutzkonferenz hat fertich ...
Woher kommt das? Ich denke, es liegt an der mangelnden Betroffenheit. Nicht einer Betroffenheit im emotional-moralischen Sinn, sondern einer Betroffenheit im ursprünglichen Sinn des Wortes: Es betrifft uns nicht direkt, denn die am Amazonas gefällten Bäume treffen niemanden hier auf den Kopf. Es ist alles zu weit weg. Selbst die die Menschen in Australien, die wegen mangelnden Höhen-Ozons direkt von der Sonne verbrannt werden, lernen nichts daraus, da Hautkrebs anscheinend zu weit von seiner Ursache entfernt entsteht, um Betroffensein erzeugen zu können. Der Mensch, so vermute ich, ist anscheinend emotional nicht in der Lage, angemessen auf mittelbare und langfristige Einwirkungen zu reagieren.
Wieso emotional? Weil er
rein vernünftig betrachtet in vielen Dingen sehr wohl
weiß, was ihm passiert. Kognitiv ist unbestritten,
dass wir gefährlichsten Raubbau an unserem Planeten
und damit an uns, vor allem aber an der Zukunft
unserer Kinder betreiben. Trotzdem passiert nichts
Substanzielles. Warum? Ees kann im Großen nur eine
nichtrationale Ursache dahinter stecken. Denn sicher
gibt es zwar einige Egoisten, die rational
durchkalkulieren, das weiteres Fehlverhalten ihnen
kurz- bis mittelfristige Vorteile bringt und dann
gilt, nach mir die Sintflut. Aber den weitaus meisten
Menschen liegt das Leben im Allgemeinen, wie auch das
der Menschen im Besonderen und das der eigenen Kinder
im ganz Besonderen so am Herzen (und im Kopf -
Vernunftdenken!), dass das Ergreifen geeigneter
Maßnahmen und die Wahl entsprechender politischer
Vertreter und Programme ihnen äußerst nahe liegen
sollten. Aber das tun wir nicht. Oder zumindest nur
so wenige, dass sie keinen Unterschied machen.
Dass wir nicht klüger handeln, obwohl alle Erkenntnis
der nötigen Maßnahmen seit den frühen siebziger
Jahren des letzten Jahrhunderts bekannt sind, kann
nur mit mangelnder irrationaler Eindrücklichkeit der
Gefahren und mit mangelndem Missempfinden der
tatsächlichen Situation erklärt werden. Auf einer
emotionalen Basis fühlen wir uns anscheinend zu
sicher vor der drohenden Gefahr, um in die
angemessene Sorge zu verfallen. Eine Sorge, die eben
groß genug sein müsste, um Verhaltensänderungen zu
bewirken. Da aber einerseits die Entwicklungen in
Natur und Umwelt mit einer Behäbigkeit geschehen, die
für den ausreichenden Anstieg der Gefahr Jahrzehnte
braucht, werden wir die angemessene Menge an Sorge
wohl erst entwickeln, wenn uns die Entwicklung Dürre
auf den eigenen Feldern und die ganz persönliche
Hungersnot bescheren. Und da andererseits die
Korrektur von Umweltschädigungen aufgrund der
gleichen Behäbigkeit Jahrhunderte und Jahrtausende in
Anspruch nehmen wird, ist die Situation wohl
ausweglos.
Bleibt also nur, Swimmingpool und 500 PS-Wagen zu
genießen, um das Beste aus den letzten Jahrzehnten
herauszuholen. Wahrscheinlich wird es ja sogar
unseren Kindern bis zu deren vierzigsten oder
fünfzigsten Lebensjahren noch einigermaßen gut gehen
(obwohl sie mir sehr Leid tun wegen der totalitären
Öko-Diktaturen, die sie in den letzten
Lebensjahrzehnten werden durchmachen müssen ... von
den Enkeln ganz zu schweigen ...).
Und die Natur? Die leidet noch ein paar Jahrhunderte,
freut sich aber schon auf die nachfolgenden Homo
sapiens-freien Jahrmillionen, wenn dann endlich alles
wieder in ein natürliches Gleichgewicht
zurückschwingt. Ich wüsste nur zu gern, ob sich
nachfolgend entwickelnde Intelligenzwesen klüger
verhalten werden, oder ob Intelligenz und
Selbstbewusstheit immer so enden.
Überzeugen Sie mich, dass
ich Unrecht habe. Bitte!
Der Dalai Lama in WAT
Der Eindruck? Nicht viel anders als beim Betrachten eines Fotos, da fehlen mir wohl besondere Sensibilitäten. Interessant aber war, mit welcher Andacht die etwa 500 Menschen draußen auf ihn warteten und wie begeistert, ohne damit zu übertreiben, sie reagierten. Das zeigte mir - wenn auch äußerst indirekt - wie dieser Mann bewegen kann. Wie Charisma, Überzeugung und Spiritualität bewegen können - und sei es durch nicht mehr als durch die kleinste Geste. Der Mensch - animal spirituale ?!
Spannend, einsichtsreich, signifikant ... auch wenn es nur eine so kleine Sache war ....
Freiheitsredner - eine wichtige Sache
Oder?
Nun, zu verbergen habe ich natürlich nichts ... aber dass ich neulich Dingens gekauft habe ... und den halben Vormittag auf dieser einen Site unterwegs war ... und dieser blöde Witz, in der Mail an diese Person; nee, da möchte ich doch nicht, dass jemand das weiß. Das waren nur Albernheiten und eine kleine peinliche Sache ... aber so gesehen, habe ich doch was 'zu verbergen'. Was ist jetzt erst mit der Verknüpfung wichtiger Daten? All die werden in der schönen neuen Informationswelt erhoben und gespeichert. Und gelesen! - jede beknackte SMS, jeder E-Cash-Vorgang und auch, dass Sie nur ein einziges Mal und aus bloßer Neugier auf diesen Link geklickt haben, der Bartverlängerungen anbietet ... Informieren Sie sich einmal beim Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung.
Unter www.freiheitsredner.de finden Sie einen Sammelpunkt von Bürgerinnen und Bürgern, die das alles nicht einfach so mit sich machen lassen wollen, die das Recht auf echte Hoheit über die eigenen Daten einklagen und die versuchen, andere Menschen dafür zu sensibilisieren.
Schauen Sie einmal vorbei. Besonders wenn Sie in der Position sind, Informationen über Datensicherheit und Datenschutz gegenüber anderen Menschen zu thematiisieren: als Lehrerin, als Tutor, in Gewerkschaften und Verbänden, als Weiterbildnerin, in (Selbst-)Verwaltungsgremien, in Vereinen und auch am Stammtisch. Bei den Freiheitsrednern können Sie Rednerinnen und Redner buchen, die ehrenamtlich zu Ihnen kommen und kompetent über das Thema Datenschutz, insbesondere die bevorstehende Vorratsdatenspeicherung, sprechen.
Oder Sie werden selbst zu einer Freiheitsrednerin. Erich Follath beschreibt diese Woche im Spiegel, dass es bald eine "Demokratie ohne Volk" geben könne. Demokratie lebt in der Tat von der Teilnahme - bspw. als Freiheitsrednerin, schon damit die Mächtigen, die ja immer mitmachen werden, nicht tun und lassen, was ihnen gerade in den Sinn kommt. Eine Kontaktmail genügt und Sie sind dabei. Keine Angst vor dem Mitmachen, die Freiheitsredner und der Foebud e. V. (Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs e.V., 2008 ausgezeichnet mit der Theodor-Heuss-Medaille) unterstützen Sie mit Rat und Tat und vor allem Argumentationsmaterial bis hin zu ausgefertigten Reden.
Ehrenmitgliedschaft des Dalai Lama
Diplomatische Vertreter der Volksrepublik China werden aufgefordert, etwaige Einsprüche über das Kontaktformular anzumelden, wo diese die gebührende Würdigung in der Rundablage finden werden.